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A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Versaille den 26 Januari [1710].
Hertzliebe Louise, vergangen donnerstag konte ich ohnmoglich
auff Ewer liebes schreiben vom 7 andtworten, so ich vergangenen
montag entpfangen, den der englische hoff kamme her, doch ohne
dem könig, den der hatt daß fieber gehabt, hatt ihn doch nun
verlaßen; aber die königin undt printzes blieben zimblich lang hir,
konte Eüch also nicht schreiben, habe es also biß auff heütte
verschieben müßen. Ich glaube, daß der beaume, so ich Eüch
geschickt, nicht derselbe ist, so Ihr braucht; den ich zweyffle, daß
man den, so ich geschickt, liquide machen könte. Wen man ihn
wermbt, fliest er woll, allein so baldt es wider kalt wirdt, wirdt es
hart, kan also auff keine augen geschmirt [werden], es seye dan,
daß man etwaß drin mischen könte, so es bey dem dün sein
behalten könte; aber wie ich Eüch schon einmahl gesagt, ich glaube,
daß es der beaume blanc ist, so gantz wie ein öhl ist, also leicht
geschmirt kan werden. Wen es daß ist, so last mirs nur kecklich
wißen! Wir haben hir gar gutten undt ich werde Eüch keinen
fehlen laßen. Ma tante, unßere liebe churfürstin, hatt mir
geschrieben, wie Ihr so ein schön specktackel in der statt gesehen hatt;
solche sachen seindt sehr amussant. Man inventirt recht artig
sachen nun, ein Carm hatt dem könig ein gemähls gemacht. Ihr
wist vielleicht nicht, waß ein Carm ist; es ist ein mönch, man heist
ihn le père Sebastien. Der hatt das gemahls gemacht, wo mehr alß
hundert stück sich in regen, weiber wäschen undt schlagen die
wäsch, mäner hauen holtz, beschlagen pferdt, zwey sägen, andere
sitzen in chaissen undt grüßen, einer grüst etliche mitt der handt,
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andere zieht er den hut ab, ein bettler zieht den hut ab undt
betelt, wen die leütte vorüber sein, setzt er den hudt wider auff,
damen sitzen in kutzschen, fahren über eine brück undt grüßen
mitt dem kopff; auff dem schloßthor ist eine uhr, so recht woll
geht, es seindt viel windtmühlen undt auch eine waßermühl; von
weittem ist ein mehr, wo schiff im follem segel gehen. Waß auch
noch recht artig in dießem gemahls zu sehen ist, daß ist ein raht,
so auß der steingruben steine zicht; biß der stein auß der gruben,
geht es schwer undt langsam her, wen aber der stein herunder, so
leüfft daß raht gar geschwindt, recht wie es in der that zugeht.
Es ist auch ein mängen, so mitt der angel fischt; zweymahl zicht
er den angel undt zicht nichts, aber daß 3 oder 4 mahl zicht er
ein fisch, nimbt in von der angel undt wirfft [ihn] wider ins waßer.
Es seindt auch schwanen undt enten, so auff dem waßer schwimen.
Ich glaube, daß ich die helffte vergeß von alles, so in dem
gemahls ist, recht artig zu sehen. Gott gebe, daß unßere liebe
churfürstin bey dießem rawen schneewetter kein husten noch
schnupen nach hauß bringen mag! die seindt nun gar gemein. Ich habe
auch ein wenig mein theil davon gehabt. Ich admirire, daß ma
tante noch lust in verkleydten nehmen kan; da frag ich gantz undt
gar nichts mehr nach, begreiffe viel mehr die lust, in seiner
cammer zu sein mitt seinen gutten freünden. Daß ist deß jungen herr
von Degenfelts alter gemäß, sich warm undt müht zu dantzen.
Wen madame Kilmanseck keine jüngere zu gast bitt, alß signeur
Ortence,
[1] wirdt ihre malzeit kein scandal geben. Signeur Ortance
muß nicht weit von 80 jahren sein; den ich bin ja nun morgen
57 jahr undt 8 monat alt undt er war ein gestandener man, wie
ich noch ein kindt von 8 jahren war. Er war allezeit in meiner
cammer, den er war verliebt von mein wäschmedgen, so die fraw
von Harling auch dinte undt Felitz
[2] hieß, diß ist eine alte
geschicht. Man kan nicht trawerig sein über eine fraw, so man nicht
kendt; den ich glaub nicht, daß die Kielmanseck bey ihrer
schwigermutter geweßen ist. Wir müßen woll von bagattellen reden,
staadtssachen weiß ich warlich nicht, philosophie verstehe ich nicht undt
noch weniger die theologie, also muß man ja woll mitt mir reden,
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worauff ich andtwortten kan. Die schuh, umb den rießen zu meßen,
wuste ich noch woll, aber den zohl hatte ich vergeßen,
[3] doch
glaube ich, daß ein zohl mehr, alß ein pouce, ist; den wo mir
recht ist, so ist ein zohl, wen man die faust zumacht undt den
daumen in die höhe helt, un pouce aber ist nur in der that ein
großer mansdaumen breyt. Ich bin froh, daß ma tante Eüch mitt
ein pressent ihr affection bezeügt hatt. Daß ist nicht außzuschlagen,
liebe Louisse! Sonst ist der neüjahrstag ein verdrießlicher tag hir
eben so woll, alß in Teütschlandt. Ich dancke Eüch sehr, liebe
Louisse, vor alle gutte wünsche, so Ihr mir thut, undt versichere
Eüch, daß ich Eüch all mein leben von hertzen lieb behalte.