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Brief vom 2. Februar 1710

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


459.


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A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Paris.[1]

Versaille den 2 Februari 1710.
Hertzallerliebe Louisse, letzte post konte ich ohnmoglich auff Eweren lieben brieff vom 14 Januari andtwortten. Ob ich Eüch zwar nur einmahl die woch schreibe undt einen tag gefast, umb sicher zu sein, Eüch alle woch zu schreiben konnen, so ist es Euch doch gar nicht verbotten, mehr, alß einmahl die woch, zu schreiben, werdet mir einen gefahlen [thun]. Ich sag auch nicht, daß ich Eüch all mein leben nur einmahl schreiben werde, aber ich sage, daß ich Eüch sicher allezeit einmahl in der woch schreiben werde. Wie ich Eüch gebetten, nur einmahl zu schreiben, war es wegen Ewere böße augen undt sonst keine andere ursach; bin recht fro, daß sie wider gutt sein. Gott erhalte es beim gutten! Ewere brieff plagen mich nicht, sie erfrewen mich. Könte geschehen, liebe Louisse, waß ich Eüch wünsche, hettet Ihr ursach, zu dancken, aber so braucht es keine dancks[ag]ung. Daß were schon, wen ich mein Teütsch gantz vergeßen solte; da behütt mich gott vor! So lang mein pfältzisch hertz in mir regen wirdt, werde ich eine auffrichtige Teütsche verbleiben. Daß ist die welt, daß man [160] mehr verdruß, alß lust, findt. Ach, liebe Louisse, ob ich Eüch zwar lieb habe undt behalte, so kan es Eüch doch leyder zu nichts nutz sein, welches mir woll von hertzen leydt ist. Mich deücht, der churfürst von Braunsweig fragt wenig nach leütte von qualitet; wen aber daß die leütte von qualitet gewahr werden, werden sie ihn verlaßen undt wirdt nur mitt lumpenzeüg bedint werden. Herr Max sein sohn, muß feindt ahm hoff haben, so in faveur sein; den sonst ging eine solche sach von sich selber ohne solicittation. Er hatt vielleicht die von der faveur nicht genung ersucht zu gefahlen, oder gefehlt ihnen vielleicht zu viel; den von den art leütten kan eins undt anders sein. Ma tante gnade mag ihm auch woll geschadt haben; den die favoritten konnen die nicht leyden, so der mütter oder sonst verwanten gnade haben, wollen nur ihre creaturen placiren, ihre authoritet zu erweißen. Es schlegt alleweill halb 9 undt ich muß noch 3 brieff schreiben vor dem nachteßen, sage also nur, daß man viel vom friden spricht. Gott gebe es! Es sey aber krieg oder frieden, werde ich allezeit sein undt bleiben, wie Ihr mich kendt, undt Eüch von hertzen lieb behalten.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 2. Februar 1710 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 159–160
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0459.html
Änderungsstand:
Tintenfass