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Brief vom 22. Februar 1710

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


462.


[163]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.

Versaille den 22 Februari 1710.
Hertzliebe Louise, Ich schreibe Eüch heütte mitt betrübten hertzen, den ein ertzbischoff, so sehr mein gutter freündt war undt mir hir viel dinst geleist hatt, heütte morgen umb 9 habe ich noch einen brieff von ihm bekommen undt umb 12 hatt ihn der schlag gerührt undt ist gestorben. Es ist mir recht von hertzen leydt. Daß wirdt mich doch nicht hindern, auff Ewer schreiben vom 4 Febr. zu andtwortten. Liebe Louise, ich wolte, daß ich gelegenheit hette, Eüch meine wahre freündtschafft durch einige ahngenehme dinsten zu versichern können, würde mich von hertzen dazu amploiren können. Man muß, so viel man kan, sich hütten, liebe Louise, nicht miltzsüchtig zu werden; den daß macht nur kranck undt ellendt undt dint zu nichts. Ich hab kein esquipage selber, umb auff mein eygen handt zu jagen, da bin ich zu arm vor, undt der könig, der mir alß zu Marly seine caleschen lehnt, will mich hir nicht mitt auff die jagt nehmen. Man forcht, ich mogte in der calesch mitt dem könig sprechen. Zu Marly jagt man ein jedes in sein calesch, aber hir fahrt man erst, wo die jagt ist; daß ist, wie [164] ich glaube, die ursach, warumb der könig mich nicht von hir auß auff die jagt führt. Wir haben hir auch große kalt außgestanden, die aber nun vorbey ist. Ich verlange mitt gar großen verlangen, wider brieff zu bekommen, umb zu erfahrn, wie es mitt ma tante stehet; den ich bin mehr in sorgen vor I. L., alß ich es ihr in meinen brieffen bezeüget habe. Nichts macht ubeller außsehen, alß husten undt schnupen. Wenig eßen ist daß beste mittel vor den husten. Drinckt ma tante kein butterdäl? Daß ist noch beßer, alß warm bier. Ich weiß woll, daß unßere liebe churfürstin nicht leyden kan, daß man sie beklagt, oder in sorgen vor sie ist. Ich bitte Eüch, liebe Louisse, schreibt mir alß fleißig, wie es mitt I. L. stehet! Aber wen Eüch die augen wehe thun, so last jemandts vor Eüch schreiben! Es ist mir recht leydt, daß Ewere augenwehe wider ahnfangt. Der weiße beaume ist, waß man ordinari le beaume blanc de Constantinopel heist undt welchen die sultanin zu ihrem schminck brauchen, welcher aber auch sonst ein gutt remede ist zu viel sachen. Adieu, liebe Louise! Seydt versichert, daß ich Eüch allezeit von hertzen lieb behalte!
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 22. Februar 1710 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 163–164
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0462.html
Änderungsstand:
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