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A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Versaille den 22 Februari 1710.
Hertzliebe Louise, Ich schreibe Eüch heütte mitt betrübten
hertzen, den ein ertzbischoff, so sehr mein gutter freündt war undt
mir hir viel dinst geleist hatt, heütte morgen umb 9 habe ich noch
einen brieff von ihm bekommen undt umb 12 hatt ihn der schlag
gerührt undt ist gestorben. Es ist mir recht von hertzen leydt.
Daß wirdt mich doch nicht hindern, auff Ewer schreiben vom
4 Febr. zu andtwortten. Liebe Louise, ich wolte, daß ich
gelegenheit hette, Eüch meine wahre freündtschafft durch einige
ahngenehme dinsten zu versichern können, würde mich von hertzen dazu
amploiren können. Man muß, so viel man kan, sich hütten, liebe
Louise, nicht miltzsüchtig zu werden; den daß macht nur kranck
undt ellendt undt dint zu nichts. Ich hab kein esquipage selber,
umb auff mein eygen handt zu jagen, da bin ich zu arm vor, undt
der könig, der mir alß zu Marly seine caleschen lehnt, will mich
hir nicht mitt auff die jagt nehmen. Man forcht, ich mogte in der
calesch mitt dem könig sprechen. Zu Marly jagt man ein jedes in
sein calesch, aber hir fahrt man erst, wo die jagt ist; daß ist, wie
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ich glaube, die ursach, warumb der könig mich nicht von hir auß
auff die jagt führt. Wir haben hir auch große kalt außgestanden,
die aber nun vorbey ist. Ich verlange mitt gar großen verlangen,
wider brieff zu bekommen, umb zu erfahrn, wie es mitt ma tante
stehet; den ich bin mehr in sorgen vor I. L., alß ich es ihr in
meinen brieffen bezeüget habe. Nichts macht ubeller außsehen, alß
husten undt schnupen. Wenig eßen ist daß beste mittel vor den
husten. Drinckt ma tante kein butterdäl? Daß ist noch beßer,
alß warm bier. Ich weiß woll, daß unßere liebe churfürstin nicht
leyden kan, daß man sie beklagt, oder in sorgen vor sie ist. Ich
bitte Eüch, liebe Louisse, schreibt mir alß fleißig, wie es mitt I. L.
stehet! Aber wen Eüch die augen wehe thun, so last jemandts vor
Eüch schreiben! Es ist mir recht leydt, daß Ewere augenwehe
wider ahnfangt. Der weiße beaume ist, waß man ordinari le beaume
blanc de Constantinopel heist undt welchen die sultanin zu ihrem
schminck brauchen, welcher aber auch sonst ein gutt remede ist
zu viel sachen. Adieu, liebe Louise! Seydt versichert, daß ich
Eüch allezeit von hertzen lieb behalte!