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Brief vom 14. September 1710

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


491.


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A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.

Versaille den 14 September 1710.
Hertzliebe Louise, es ist mir heütte etwaß begegnet, so mich in gar großer eyll auff Ewern lieben brieff wirdt andtworten machen. Ich bin nach dem eßen entschlaffen undt die hex, die Lenor, die da bey mir ist, thut mir den gefahlen nicht, mich zu wecken, undt lest mich von drey biß 5 schlaffen, der kopff ist mir gantz daußelicht davon. Wie ich sehe, so haben Eüch mein gekritzete zeyllen geweckt. Von dießem frühstück, liebe Louise, ist man übel [201] ernehrt. Glaube undt gutte wercke müßen allezeit [beisammen sein], weillen die gutte wercke die früchte deß glaubens sein. Der glaube undt gutte wercke seindt beyde gnade gottes, ohne seine gnade vermögen wir nichts. Ohne daß vertrawen ahn dem verdinst Christi kan man nicht seelig werden. Er heist ja Jesus, umb unßer seeligmacher zu sein; also können wir ja unßer vertrawen auff nichts setzen, umb seelig zu werden, alß auff unßer erloßer undt seeligmacher undt sein leyden, sterben undt aufferstehen. Ich glaube nicht, daß Christen andern glauben haben können. Ihr habt vielleicht, wie Ihr bier gedruncken, habt Ihr vielleicht nicht im ahnfang undt ende der mahlzeit ein wenig puren wein gedruncken. Wen man daß thut, schadt es nie, aber ich glaube doch, daß wein undt waßer gesunder ist, wen man gutt waßer hatt, aber zu Hannover ist es nicht zum besten, drumb habe ich bier gedruncken. Starcke wein kan ich woll vertragen, ich finde es [aber] nicht ahngenehm. Weillen ich mein leben kein bouillon nehmen kan, noch sup eßen,[1] muß ichs woll mitt drincken ersetzen, drinck halb waßer undt halb wein, von dem Champagner, undt drincke 3 oder 4 mahl, kan nicht begreiffen, wie unßere liebe churfürstin so wenig drinckt. Gesotten waßer finde ich zu schwer im magen, würde es nicht vertragen konnen. Wen ich zu Heydelberg den husten hatte, kochte man mir ein solche tissane, wie ma tante drinckt; es war aber noch eine zitronenschal drin, aber ich wurde es gleich müde, konte es nicht 2 tag drincken. Es ist woll billig, daß alle Engländer, mans- undt weibspersonen, ma tante auffwartten, so ihr princessin ist. Weillen die Engländer ma tante kosten, solte die königin Anne ma tante die pension geben, so sie gehabt, wie sie noch princessin war, daß were billig. Ewer schreiben mitt dem conte Perte[2] wirdt mir zu pas kommen, den ahn so leütten wüste ich sonst nichts zu sagen. Unßer teütsche fürsten thun woll, sich zu besuchen undt mitt einander in der Franckforter meß lustig zu machen. Ich bin schir zu Marly ebenso von der son verbrendt, alß Ihr hertzog Ernst August beschreibt; den ich habe alle tag auff der terasse vor mein apartement geschrieben. Ich meinte, alle Eweres schwager affairen weren verglichen undt außgemacht. Müst Ihr den wider davor schreiben? Daß ist fatigand. Fürcht Ihr nicht, liebe Louise, die [202] herrn pfarer zu lustig zu machen, ihnen caffe undt chocolate zu geben? Geschicht ihnen ein unglück, werdet Ihr schuldt dran sein. Wie ich sehe, so schreibt Ihr nicht weniger, alß ich, liebe Louisse! Da schlegt es neun, ich muß kurtz abbrechen undt nur sagen, daß ich Eüch von hertzen lieb behalte undt ambrassire.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 14. September 1710 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 200–202
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0491.html
Änderungsstand:
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