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A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Marly den 8 Januari 1711.
Hertzallerliebe Louisse, ich bin fro, daß ma tante wieder woll
ist, aber Ihr hettet mir doch einen gefahlen gethan, zu berichten,
daß sie den husten hatten; den ich mögte gern allezeit [wißen],
wie es mitt I. L. in der that ist, den Ihr wist ja woll, liebe Louisse,
daß, wen I. L. nicht haben wollen, daß mans wißen solle, daß ich
kein wordt davon sage, noch mich daß geringste mercken laße, daß
Ihr mirs geschrieben habt. Posset
[1] hatt ma tante offt von husten
courirt. Wir haben eine[n] graußamen frost hir. Ist es so zu
Hannover, thun I. L. woll, sich im eßsahl zu tragen laßen. Bey solchem
wetter ist es schwer, husten undt schnupen zu verhütten. Es ist
alberer, kranck sein, alß sich in chaissen tragen laßen. Meine füß
undt knie wollen gar nicht mehr fort. Nimbt der schmertzen übers
jahr zu wie dieß jahr, werde ich gantz lahm werden; daß alter
setzt mir auff allen zeitten
[2] zu. Ich nehme eben so wenig spaß
im tantzen undt verkleyden, alß Ihr, liebe Louisse, habe dießen
gantzen carnaval durch nur einen einigen bal halb gesehen undt
dießes nur, weillen die königin in Engellandt da war. Ich, die den
Stickinel wie ein bouffon a nazarde
[3] habe herumb gehen sehen,
kan nicht vertragen, daß deßen kinder vor leütte von qualitet
passiren undt adliche freüllen heürahten. Stickinelle sohn habe ich
hir gesehen, aber sie sahen nicht woll auß; vielleicht war dießer,
da Ihr von sprecht, nicht dabey. Wir haben hir gar nichts neües
undt Ewer liebes schreiben ist beantwort, sage also nichts mehr, alß
daß ich Eüch ambrassire undt von hertzen lieb behalte.