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A mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Marly den 18 Februari 1711.
Hertzallerliebe Louisse, vergangenen sontag abendts, wie ich
eben in die musiq gehen solte, bin ich mitt Ewer schreiben vom
2 Februari erfrewet worden, konte also kaum ahn ma tante sagen,
daß ich ihr gnädig schreiben entpfangen hatte. Wie kan der
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churfürst über sein hertz bringen, seines he. sohns gemahlin so ohne
geldt zu laßen? Daß ist ihm ja selber eine schande. Wen sie
pressenten thun will, solte es der churfürst bezahlen. Er muß ein
wenig karg sein, unter unß gerett, oder vielleicht ziehen andere
leütte so viel von ihm, daß die im hauß nichts mehr bekommen
können. Ich kan nicht begreiffen, wie ma tante, unßere liebe
churfürstin, im bett schreiben kan, daß were mir ohnmöglich.
[1] Waß
mich glauben macht, daß ich nicht lang leben werde, ist erstlich
weillen ich schon alt bin, zumb andern weillen mein herr vatter
undt fraw mutter kein hohes alter erreichet, hernach auch weillen
ich ahnfange, nicht mehr so gesundt zu sein, alß ich geweßen, einen
gar kurtzen ahtem bekomme,
[2] nicht mehr so woll schlaffe, alß vor
dießem, abendts nicht mehr recht zu nacht eßen darff, viel
verdrießlichkeiten außstehen muß, die ich alle in mir eße, sonsten wenig
freüde habe. Es were zu lang, wen ich alles sagen solte, wie es
mitt mir ist, aber ich versichere, daß mich dießes weder betrübt
noch erfrewet, undt solte ich baldt sterben, würde ich den trost
haben, ma tante nicht zu überleben. Nützlich bin ich woll gar nicht
in dießer weldt,
[3] mein leben ist zu schlegt undt gemein, umb
zum exempel zu dinnen können. Ich bin Eüch sehr verobligirt,
lieb Louisse, so gutte opinion von mir zu haben undt mir so viel
guttes zu wünschen. Seydt versichert, daß ich gott auch fleißig
vor Eüch bitte, auch
[4] alles zu geben, waß Eüch ahn leib undt seel
nutz undt seelig mag sein! Waß mich nun ahm gehen hindert,
seindt abscheülich schmertzen in den knien undt mein kurtzer
abendt.
[5] Gott seye danck, daß ma tante woll ist, undt erhalte
I. L. noch lange jahren zu unßerm trost! Adieu, liebe Louise! Ich
ambrassire Eüch von hertzen undt behalte Eüch biß ahn mein endt
von hertzen lieb.
Donnerstag den 19 Februari.
Hertzliebe Louisse, ich muß Eüch noch mein freüde bezeügen
über daß magnific pressent von ma tante, so heütte ahnkomen. Es
freüdt mich von hertzen undt wirdt mir manche stundt zeitvertreib
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geben. Ich glaube nicht, daß mein tableau mouvant mehr freüde
hatt verursachen konnen, alß dieße medaillen bey mir.