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A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Versaille den 26 Februari 1711.
Hertzallerliebe Louisse, ich habe zwey schreiben von Eüch
entpfangen, eines zu Marly vom 9 Februari undt heütte eines vom 13,
werde in aller eyll auff daß vom 9 andtworten undt biß sambstag
auff daß zweyte, wo mir gott leben undt gesundtheit verleydt. Ma
tante hatt meine dopelte brieff entpfangen. Daß wetter undt alle
überloffene geweßer. …
[1] Ma tante, unßere liebe churfürstin, hatt mir
geschrieben, daß Ihr sie recht delicat undt woll tractirt habt. Habt
Ihr den einen eygenen koch? Ich admirire, daß ma tante noch
woll zu nacht eßen kan; daß darff ich nicht wagen, aber zu mittag
darff ich eßen, so viel ich will, ohne es zu entpfinden. Gott sey
lob, daß es so woll bey ma tante reussirt hatt! Mein vetter, printz
Wilhelm, ist mir recht lieb. Er solte sich meiner woll mitt ein
par wordt ahn Eüch erinert haben. Er hatt hir recht woll reussirt.
Mein gott, wie ist man so glücklich in Teütschlandt, seine
verwanten zu sehen können undt frey zu sein! Hir ist es eine rechte
sclaverey. Aber last unß von waß anderst [reden!] dieß ist zu
betrübt. Alle die divertissement von Darmstatt werden gewiß zum
beylager dinnen undt glaube, daß mein vetter, der landtgraff von
Cassel, auch deßwegen hin ist. Wen man ursach hatt, lustig zu
sein, muß man sich lustig [machen]; hatt man ursach, trawerig zu
sein, muß man suchen, die trawrig[keit zu überwinden]. Aber
man rufft mich, in die commedie von Missantrope
[2] zu gehen, kan
also nichts mehr sagen, alß daß ich Eüch von hertzen ambrassire
undt allezeit lieb behalte.