[254]
A mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Paris.[1]
Marly den 4 Juni 1711.
Hertzliebe Louisse, gestern habe ich Ewer liebes schreiben vom
25 May von Hannover zu recht entpfangen, werde aber erst biß
sontag drauff andtwortten. Ihr habt mir durch dießen lieben brieff eine
große angst benohmen, den ma tante paquet hatt mir gefehlt, undt
hette ich daß Ewerige nicht bekommen, worauß ich gesehen, daß
I. L. in gutter gesundtheit, gott lob, sein, würde ich eine rechte
hertzensangst außgestanden haben, dancke Eüch also von hertzen
davor. Von meine arme enckeln von Lotheringen will ich nichts
sagen; es ist gar zu betrübt, wie Ihr es nun schon wist, wie ich
auß Ewerm letzten brieff gesehen. Aber Ihr meint, mein dochter
hette nur 2 kinder verlohren, es seindt aber leyder 3 dahin undt
ich fürchte, daß daß 4te in mutterleib auch dahin ist, den mein
dochter fühlt es nicht mehr. Vor alle gutte wünsche, so Ihr meinen
enckeln thut, sage ich Eüch großen danck. Daß ist [wahr], wen
man in einer disputte nicht alles sagt, kan man ohnmöglich davon
judiciren, aber ich bin der meinung, daß monsieur le Dauphin, so
letzt gestorben, der eintzig mensch in der weldt geweßen, so mitt
willen hatt unwißendt undt ignorant sein [wollen]. Da sitzt die
duchesse de Bery. Ich weiß schir nicht mehr, waß ich sage.
Adieu, liebe Louisse! Ich ambrassire Eüch von hertzen.