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Brief vom 17. November 1712

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


565.


[294]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Paris.[1]

Marly den 17 November 1712.
Hertzallerliebe Louise, mein intention war, Eüch vergangen sontag zu schreiben, aber die verfluchte medecin, so man mir sambstag geben, hatt mich so unerhört abgematt, daß es mir gantz ohnmöglich war, mehr, alß ahn ma tante undt mein dochter, zu schreiben. Ich kan Eüch noch nicht viel guts von meiner gesundtheit sagen. Ich habe wie ein fievre lante,[2] nacht schlaffe ich sehr unruhig, erwarte den tag mitt verlangen, umb auffzustehen können, die winde ersticken mich undt ich schwitze alle nacht. Ich habe mehr durst, alß hunger, den ahtem allezeit so kurtz, daß ich, wen ich nur von einer cammer in die ander gehe, muß ich schnauffen, alß wen ich starck geloffen hatte; dazu hatt sich seyder gestern noch ein starcker husten geschlagen. Ich habe doch heütte in caleschen gejagt, den allein in der frischen lufft befindt ich mich beßer. Man plagt mich seyder 8 tagen, daß es nicht zu sagen ist, umb mich zur ader zu laßen, daß ich entlich mich drin ergeben, morgen früh gegen 10 uhr zu laßen; bin gar nicht persuadirt, daß es mir woll bekommen wirdt, aber ich bin daß plagen zu müde, daß ichs nicht mehr außstehen kan. Ich erwartte ohne ungedult, waß drauß werden wirdt. Ich bin recht erschrocken über Ewer accident von der jagt. Ihr müst schlime kutscher zu der Ghor[3] haben. Ich meinte, daß I. L. deß churfürsten von Braunsweig kutscher undt pferde die damen führte, bin also sehr verwundert, zu sehen, daß Ihr das pferdt gekaufft hattet. Ohne gutte kutscher ist kein spaß, auff die jagt zu fahren. Ihr habt mir einen rechten gefahlen gethan, Ewere reiße nach der Göhr so eygendtlich zu [295] beschreiben. Niemandts hatt über Ewer arbeydt gelacht, man findts recht woll gearbeydt. Ich bitte, schreibt mir, wie Ihr es macht, mitt klüpel oder wie![4] Ich wolte gern, daß ich noch lang hören mögte, daß unßer liebe churfürstin junger außsicht undt mehr krafften hatt, alß alle die, so junger, alß I. L., sein. Viel leütte brauchen die träber vor schwache knie, allein man hatt es mitt mir nicht wagen dörffen; den wen man mir die füß nur in wein undt starcke kreütter badt, wirdt mir übel davon. Ich habe den hirnkasten übel bestelt, seyder ich in Franckreich bin; zu Heydelberg undt in der Pfaltz war ich nicht so. Man fürcht wegen meiner dicken corpolentz den schlag vor mir, mir graust aber nicht davor; den stirbt man geschwindt, hatt man den abscheü nicht vom todt. Wir seindt in angsten, daß madame de Bery wider blessirt sein mag; den sie ist heütte gar hartt auff die knie gefahlen, hatt hernach bitterlich geweindt, daß ihr emotion geben. Die zeit wirdt lehren, waß drauß werden solle. So lang mich mein kurtzer ahtem nicht erstickt, könt Ihr versichert sein, liebe Louise, daß ich Eüch von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 17. November 1712 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 294–295
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0565.html
Änderungsstand:
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