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Brief vom 2. März 1713

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


574.


[302]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.

Marly den 2 Mertz 1713.
Hertzallerliebe Louisse, ich hatte gehofft, daß, weillen der [303] könig gestern medecin genohmen,[1] daß I. M. erst morgen jagen würden undt ich also zeit finden, Eüch einsmahls einen raisonablen brieff zu schreiben; aber le diable au contretemps,[2] wie man es hir heist, hatt dießes endern machen undt wir haben heütte gejagt, habe erst umb 3 zu mittag geßen, hernach ahn ma tante geantwortet undt 14 bogen geschrieben, bleibt mir also gar wenig zeit überig. Ich bin noch matt undt schlimer auff die beine, alß nie, aber daß irret mich wenig. Daß mein sohn daß 3tagige fieber gar starck zu Paris hatt, ligt mir mehr ahn. Morgen ist sein beßer [304] tag undt ich werde ihn besuchen, werde abendts wider her; continuirt aber seine kranckheit, werde ich auch nach Paris. Man hatt ihm heütte zur ader gelaßen. Verlest ihn aber daß fieber morgen, so werde ich zu Versaille bleiben, den übermorgen gehen wir wider von hir dorthin. Hatt Eüch die arme fraw von Bernstein, die Anna Ottillie, nicht sehr gejammert? Mich hatt sie recht gejamert. Die arme Rotzeheusserin were auch schir gestorben ahn einer ohnmacht undt schwindel, man ist ihr aber zur zeit zu hülff kommen mitt aderlaßen undt hemetique,[3] ist wider beßer. Ein violetter demant ist kein ametist gar nicht, sondern ein rechter demant, wie Ihr werdet gesehen haben.[4] Gott gebe nur, daß er ma tante gefahlen mag! Meine hoffnung ist wegen der raritet. Nur bitte ich Eüch, mir die rechte warheit zu sagen, ob daß arme demantgen gefahlen hatt oder nicht! war doch gutt gemeint. Ich hatte gehofft, waß neües zu schicken, so noch nicht gesehen worden. Hir sicht man sie nur seyder 30 jahr, aber der könig hatt einen allein, gar ein großen demant, etlich jahr hernach suchte man einen vor die königin, welcher aber nicht so groß war; wo dießer herkompt, weiß ich nicht. Ich habe mich ich[5] mein carn[a]val woll nicht versündigt durch zu großen freuden, habe nicht einmahl ein violon gehört, auch kein eintzige masque gesehen. Adieu, liebe Louisse! Ich glaube, daß ahn allen den nur ist, wie man es braucht, daß es criminel kan sein undt auch unschuldig nach dem, so sich divertiren, die sach threhen. Adieu, hertzliebe Louisse! Seidt versichert, daß ich nie auffhören werde, Eüch hertzlieb[6] lieb zu haben, biß ich auffhören werde, zu leben!
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 2. März 1713 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 302–304
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0574.html
Änderungsstand:
Tintenfass