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Brief vom 5. August 1713

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


587.


[327]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.

Marly den 5 Augusti 1713.
Hertzallerliebe Louise, weillen meine schreiben Eüch so ahngenehm sein, werde ich gewiß keine woche vorbey gehen laßen, ohne zu schreiben. Ich bin recht fro, daß Eüch daß helffenbeinen schächtelgen so woll gefahlen. Vergangen donnerstag habe ich zwey von der art ahn ma tante geschickt, weillen es I. L. gefahlen. Warumb habt Ihr nicht glauben wollen, daß daß schächtelgen vor Eüch were? Außer ma tante undt Eüch, wem könte ich waß zu Hannover schicken? Es ist gar wollfeille war undt so wollfeil, daß ich es erstlich nicht habe ahn ma tante schicken dörffen; es ist so eine große bagatelle, daß es gar kein pressent heißen kan. Weillen Eüch die schachtelger so lieb sein, so seydt versichert, daß, so lang ich lebe, solt Ihr alle jahr ein neü schächtelgen bekommen! Aber ich pretendire gar nicht, daß es danckenswehrt wirdt sein, ebensowenig alß dieße letzte. Ich habe in ma tante schachtelgen nichts gethan; sie seindt zu blat, umb ein bijou nein zu thun, undt weillen Ihr mir gewahrnt, daß ma tante den parfum nicht liebt, habe auch keinen nein thun wollen, schicke sie also gantz lehr. Ambre finde ich gesundt, thut mir recht woll in den magen, nehme es aber gar selten undt wenig auff einmahl. Aber da kompt madame de Bery herein, ich muß eine pausse biß auff morgen machen.
Sontag den 6 Augusti 1713, umb halb 10 morgendts.
Ich hoffte gestern abendts, dießen brieff außzuschreiben, aber es war mir ohnmöglich, es kammen mich zu viel leütte besuchen; nun komme ich wider ahn Ewer schreiben. Hir thut man schweinsblaßen zwischen den taffet undt hut, wen man zu pferdt auff die jagt geht; den daß hindert, daß einem die sohn, so heiß sie auch [328] sein mag, nie auff den kopff stechen kan, die kapen wie die, so I. L. der churfürst von Braunsweig ahn freüllen Pelnitz bracht hatt. Es ist eine abscheüliche sach mitt dem tabaque, ich hoffe, daß Ihr keinen nehmbt, liebe Louise! Es ärgert mich recht, wen ich hir alle weibsleüte mitt den schmutzigen naßen, alß wen sie sie in dreck, mitt verlaub, gerieben hetten, daher kommen undt die finger in alle der mäner tabactiere stecken [sehe], den muß ich gleich speyen, so eckelt es mir. Ich rahte Eüch nicht, Ewer schächtelgen gegen freüllen Pelnitz ihres zu confrontiren; den wie Ihr es beschreibt, ist es viel magnificker, alß daß Ewerige. Mich deücht, es ist allgemein, daß man die schächtelger gern hatt. Ich bin gar nicht verwundert, daß die neüe commedianten sich nicht gutt gefunden haben; man findt gar keine gutte comedianten mehr, ins königs troupe seindt nur 2 gutte weiber undt zwey gutte mäner pour le serieux undt einen pour le commique, alle andern deügen [nichts], seindt doch 20 in allem, 10 mäner undt 10 weiber. Mich deücht, es ist sich kein scrupul zu machen, ma tante sontags in die commedie zu folgen; den man geht nicht in die commedie, ohne in der [kirche] geweßen zu sein undt seine schuldigkeit bey gott abgelegt zu haben;[1] hernach habt Ihr ja nichts beßers zu obachten, alß Ewere schuldigkeit bey Ewerer churfürstin zu verichten, undt weillen dieße schuldigkeit erfordert, daß Ihr alß oberhoffmeisterin sie überall folgt, finde ich, daß Ihr eher ein gutt, alß böß werck thut, I. L. in die commedie zu folgen. Es ist so war, daß es eine schuldigkeit ist, daß ich hir damen gesehen, so der königin in ihrer ersten manstrawer mitt dem bandeau undt grand voille in die commedie undt opera gefolgt haben auß befehl. Ma tante, unßer liebe fraw churfürstin, findt die commedianten ein wenig beßer im comique, alß im serieux. Printz Allexander helt sich gar woll in Landau; man hofft doch jetzt, daß man es baldt bekommen wirdt. Mich deücht, es lest sich noch nicht zum frieden schicken, welches zu erbarmen ist. Hiemitt ist Ewer schreiben vollig beantwort. Es ist auch zeit, daß ich ahn ma tante schreibe, werde derowegen nichts mehr sagen, liebe Louisse, alß daß ich Eüch von hertzen lieb behalte.
[329] P. S.
Wie ich ahn taffel war, habe ich Ewer schreiben vom 28 Julli entpfangen, werde aber heütte nicht drauff andtwortten. Verleydt mir gott daß leben biß über 8 tag, werdet Ihr, liebe Louisse, die antwort drauff bekommen.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 5. August 1713 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 327–329
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0587.html
Änderungsstand:
Tintenfass