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Brief vom 26. August 1713

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


591.


[335]
Marly den 26 Augusti 1713, umb halb 9 abendts.
Hertzallerliebe Louisse, daß frantzösche sprichwordt, so sagt: L’homme propose et dieu dispose, sagt woll wahr; den gestern dachte ich, Eüch heütte einen gar großen brieff zu schreiben, so ist aber die königin in Engellandt heütte umb 5 abendts kommen, abschiedt vom könig zu nehmen, weillen wir biß mittwog nach Fontainebleau werden, undt itzunder geht sie eben erst wider weg. Es ist gewiß etwaß in der lufft, so flüße undt husten gibt; alle menschen haben schir den husten hir, mir kompt er jetzt auch ahn. Es ist auch gar zu eine wunderliche zeit; baldt regnets undt ist so kalt, daß man feüer machen muß, baldt drauff, wie nun, kompt 3 oder 4 tag nach einander kompt eine so große hitze, daß man alß im vollen schweiß ist. Daß kan nicht gesundt sein, wundert mich also nicht, daß Ihr einen torticoli[1] bekommen habt, liebe Louisse, bin aber doch fro, auß Ewerm letzten vom 14 zu sehen, daß Ihr viel beßer seydt; wünsche, morgen zu vernehmen, daß Ihr gantz wider gesundt seydt undt ma tante auch undt daß sie sich mitt dem gutten hertzog von Braunsweig braff lustig machen; den weillen er den 17 hatt ahnkomen sollen, muß er nun zu Hernhaussen sein. Monsieur Louis von Hamburg wirdt sich nun baldt [336] selber einstellen undt man wirdt von ihm selber erfahren können, wer er ist. Gar reich muß er sein, den ich höre nicht, daß er schulden gelaßen, undt hatt sich magnifiq zu Paris undt zu Fontainebleau gehalten. Der gutte hertzog von Zelle hatt sich so umbs leben bracht, wir Ihr es gemacht. Aber, liebe Louisse, Ihr, die Ihr doch ein gescheydt undt vorsichtig mensch seydt, wie habt Ihr den fehler begangen, in der hitze fenstern undt thüren zugleich auff zu laßen, welches ja ein sicheres mittel ist, sich recht kranck zu machen? Undt torticoli ist daß allerwenigste, so davon komen kan. Eau-de-vie de campher ist hir gar gemein, man hatt mir es aber nicht propossirt vor meine knie. Wan man von schwitzen hir recht,[2] sagt man nicht mitt urlaub. Schlagflüß kommen nie mitt torticoli. Worumb solte mir langweillig sein, viel von Eüch zu hören? Ich habe Eüch ja lieb undt von leütte, so man lieb hatt, hört man nie satt. Seydt versichert, da gott vor sey, wen Eüch ein unglück widerfahren solte, würde ich Eüch nicht weniger regretiren, alß die schombergischen. Daß Nürnberger pflaster hatt keine eyll; es ist beßer, spat undt gutt zu schicken, alß baldt undt nicht gutt. Es ist ein groß glück, das es sich nicht bey der königin in Preussen muttert. Ich sehe, daß wir einerley meinung sein auff daß vertrawen zu gott undt doch mittel zu suchen, sich zu heyllen. Hiemitt ist Ewer liebes schreiben von 11 gantz vollig beantwortet. Ich komme auff daß von 14 undt dancke Eüch nochmahlen, liebe Louisse, mir so eygendtlich ma tante kranckheit beschrieben zu haben. Es ist mir leydt, daß Ihr mir daß postscriptum nicht gemacht, den ich muß gestehen, daß mich es auch abscheülich erschreckt hatt; den ich gefürcht, daß es so übel stündt, daß Ihr mir es nicht schreiben dorfft, welches mich nacht undt tag geangstichet hatt, mehr, alß ichs mir habe mercken laßen. Es frewet mich von hertzen, daß die helffenbeinen schächtel ma tante woll gefahlen undt ahngenehm geweßen. Ihr segt woll, das ich nicht umbsonst daß melonen eßen gefürcht habe. Der churfürst ist mir lieber, nun ich sehe, daß er seine fraw mutter doch recht lieb hatt. Ich weiß nicht, worumb Ihr Eüch eingebildt, daß ma tante Eüch nicht recht lieb hette. Ich kan daß mitt warheit sagen, daß mir I. L. alß von Eüch recht mitt tendresse gesprochen, undt kan nicht [337] erdencken, waß Eüch daß contrari hatt können glauben machen. Weillen der hertzog von Braunsweig erst den 17 hatt kommen sollen, [hoffe ich], daß das rotlauffen vorbey sein wirdt; aber ich habe noch auff dem hertzen, worumb ma tante, unßere liebe fraw churfürstin, ihren letzten brieff nicht außgeschrieben undt ahn einem aber geblieben ist. Umb gottes willen, liebe Louisse, verhelt mir nichts! Verlange von hertzen auff morgen. Ahn den marechal de Villar[3] werde ich schreiben vor die schombergische unterthanen; aber ist es war, wie man sagt, daß man Freyburg belagern wirdt,[4] so werden sie nicht in der Pfaltz bleiben. Von I. L. der churprintzes sage ich nichts mehr. Also ist hiemitt Ewer zweyttes schreiben auch vollig beantwortet, sage Eüch adieu von Marly. Ich gehe zwar nicht ungern nach Fontainebleau; daß eintzige, daß mir dort mißfehlt, ist, daß ich ma tante paquetten dort nicht so richtig bekomme, alß hir, undt daß meine brieff ein tag alter müßen werden, weillen man die zeit haben muß, sie nach Paris zu schicken. Ich hoffe, biß mittwog ahn ma tante zu schreiben von Petitbourg, aber ahn Eüch werde ich erst zu Fontainebleau schreiben undt Eüch bitten,[5] wie auch heütte, liebe Louise, daß ich Eüch von hertzen lieb habe undt behalte.
P. S.
Sontag den 27 Augusti.
Ewer liebes schreiben vom 18 habe ich zu recht entpfangen, werde ein andermahl drauff andtwortten.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 26. August 1713 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 335–337
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0591.html
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