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A mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Versaille den 17 December 1713.
Hertzallerliebe Louisse, heütt habe ich Ewer schreiben vom
8 entpfangen, werde es vor ein andermahl sparen, nur vor die
medaille sehr dancken, komme aber auff daß von 1, so ich vor 8
tagen entpfangen. Forcht nicht, liebe Louisse, daß Ihr mir zu offt
kommen könt! den Ewere schreiben seindt mir allezeit sehr
ahngenehm. Seindt sie betrübt, so mögte ich von hertzen wünschen,
daß Ihr keine ursach nie haben möget, trawerig zu schreiben; aber
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wen Ihr es seydt, so nehme ich mitt part in Ewer unglück undt
Ewer brieff ist undt bleibt mir doch desto ahngenehmer, daß Ihr
offenhertzig mitt mir sprecht undt trost bey mir sucht, also
vertrawen zu mir tragt. Wen ich Eüch gebetten, nur alle acht tag
zu schreiben, war es nur auß forcht, nicht zeit genung zu finden,
recht zu andtwortten können, weillen man hir allezeit gar viel
interuptionen hatt. Die fraw von Ratsamshaussen hatt zwar ein
schreiben von ihrer dochter bekommen, aber ohne datum, weiß
also noch nicht, wo sie ist. Verlust undt unglück vergeht nicht
in etlichen wochen, da gehört mehr zeit zu. Ich will nichts davon
sagen, umb Ewere wunden nicht zu eroffenen. Gott verzeyet die
ungedult, so man nicht hindern kan, wen man sich nur nicht willig
mitt auffhelt. Worumb habt Ihr mir nicht Ewer niepce brieff
geschickt? Den ich sehe gern, daß Caroline dochter raisonabel ist.
Kan sie Teütsch? Den ist der brieff auff Englisch, könte ich ihn
nicht verstehen, den ich kan kein wordt Englisch.
[1] Daß ich Eüch
lieb habe, ist kein generositet, sondern natürlich undt schuldigkeit.
Waß kan man [mehr] lieben, alß seines herrn vattern [kinder],
dem ich all mein leben bin gehorsam geweßen undt gerespectiret
undt geliebet habe?
[2] Ich wolte gern lenger schreiben, aber man
hatt mich zur precotion zur ader gelaßen vergangen dinstag; drumb
hab ich donnerstag nicht geschriben, bin so abgematt davon, daß
man mich, ahnstatt gesundt, krank gemacht, kan also nichts mehr
vor dießmahl sagen, alß daß, in welchem standt ich auch sein mag,
so behalte ich Eüch doch von hertzen lieb.