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A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Versaille den 14 Januari 1714.
Hertzallerliebe Louisse, ob zwar mein bößer geist, so mich
verfolgt, mir alle posttag verhindert, auff Ewere liebe schreiben zu
andtwortten, so wirdt er mir doch nicht hindern, einen kurtzen
brieff zu schreiben; werde auff daß vom 1 so viel andtworten, alß
mir immer möglich ist, dancke Eüch von hertzen vor alle gutte
wünsche undt daß Ihr vor mich bitten wolt. Ihr lebt so from undt
woll, daß Ewere gebetter woll gutt sein müßen, undt glaube, daß
Eüch unßer hergott lieb hatt. Es frewet mich recht, lieb Louisse,
wen ich sehe, daß Ihr woll mitt mir zufrieden seydt. Ich sehe, daß
der neüjahrstag ebenso verdrießlich zu Hannover gewehßen, alß hir.
Man meindt, es seye waß artigs, wen kinder außwendig harangiren;
ich finde nichts verdrießlichers, höre lieben,
[1] wen sie raisonabel
ohne affecterie von sich selber reden. Die post ist mir heutte gantz
außgeblieben, nun ich ahm meisten darnach verlange. [Ma tante]
durchlauff
[2] setzt mich in rechten sorgen, den ob es zwar ein
gezwungener durchlauff ist, so kan er doch abmatten. Ich dancke
nochmahls sehr vor die medaillen. I. G. den churfürsten, unßer
herrn vatter, habe ich in golt, 2 schönne stück undt gar gleich,
habe also keines mehr von nöhten. Ich finde Ewern brieff, liebe
Louisse, gar nicht doll geschrieben, sondern recht woll. Adieu,
liebe Louisse! Hiemitt ist doch Ewer liebes schreiben vom 1 vollig
beantwortten
[3], ein ander mahl ein mehres, aber vor dieß mahl muß
ich in eyll schließen undt Eüch nur noch bitten, festiglich zu
glauben, daß ich Eüch all mein leben von hertzen lieb behalte.