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Brief vom 22. März 1714

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


635.


[380]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.

Versaille den 22 Mertz 1714.
Hertzallerliebe Louise, dieße woch habe ich noch 2 liebe schreiben von Eüch entpfangen, wovor ich Eüch sehr verobligirt bin. Ihr könt nicht glauben, welchen einen großen gefahlen Ihr mir thut, so fleißig zu schreiben undt eygendtlich mich von ma tante, unßer lieben churfürstin, zustandt zu berichten. Gott seye danck, daß alles so woll abgeloffen, undt erhalte I. L. noch lengere jahren, alß ich zu leben habe! Heütte kan ich auff nichts, alß Ewer liebes schreiben vom 12 dießes monts, andtwortten. Wir haben 8 tag lang daß schönste wetter von der weldt hir gehabt, hoffe, daß es die wege wirdt getrucknet haben undt die brieffe hinfüro richtiger gehen werden. Ich gestehe, daß ich im ahnfang recht touchirt über die königin in Spanien[1] [gewesen]; den I. M. hatten viel tugendt undt meritten undt verstandt, seindt dochter von der königin von Sicillen, welche ich wie mein leiblich kindt liebe; zu dem so hatte sie ein exact comerce von brieffen mitt mir gehalten, undt wo sie mir hatt gefahlen thun können, hatt sie es gethan. Ihre fraw schwester, unßere verstorbene dauphine,[2] hatt sie obligirt, die 3 letzte jahren woll mitt mir zu leben: bin I. M. s. also gantz verobligirt geweßen, werde sie also all mein leben regretiren, aber man kan nicht allezeit trawerig sein wie den ersten tag. Ich glaube nicht, daß unßer könig in Spanien großen lust zu der königin in Spanien, so zu Bajone ist, hatt; den sie gefählt ihm gar nicht auß mehr, alß einer, ursach halben. Der verstandt von dießer undt der verstorben seindt sehr unterschiedtlich undt die maniren noch mehr, sie ist ihm auch zu alt. Ich dancke Eüch von hertzen, mir noch eine abschrifft von sauerkraut mitt hecht geschickt zu haben, [381] aber wie ich nicht gern fisch eße, hette ich es lieber, wie man es ordinari ohne fisch ist;[3] ich setze es selber woll auff Frantzösch. Ich habe, gott lob, einen gutten machen[4] undt verthaue daß sawerkraut gar woll. Wenig zu nacht eßen, ist gar gesundt. Wen man warm gekleydt ist, kan man überall gehen ohne schaden. Ma tante hatt mir die comedie verzehlt von der graffin Platten[5] kinder. Ich wünsche, daß sie ehrliche[6] leütte mögen werden, alß ihr vatter ist, den ich gantz undt gar nicht estimire. Der könig in Poln thut woll, vor seine kinder zu sorgen. Ich muß wider willen abbrechen undt nur versichern, daß ich Euch von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 22. März 1714 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 380–381
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0635.html
Änderungsstand:
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