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Brief vom 19. April 1714

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


641.


[387]

A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.

Marly den 19 April 1714.
Hertzallerliebe Louisse, ich habe, wie ich eben von taffel gehen wolte, habe ich Ewer liebes schreiben vom 9 dießes monts entpfangen in ma tante paquet. Es kan mich verdrießen, wen ich höre, daß meine brieff alß zwey undt zwey kommen. Ich kan nicht begreiffen, wie es möglich kan sein, daß mein brieff vom 11 Mertz über Bremen gangen ist. Es ist schadt, liebe Louisse, daß Ihr nicht catholische seydt, den Ihr werdt eine gar eyfferige catholisch, Eüch so beständig au pied de la lettre[1] zu halten. Ich würde es gar nicht übel genohmen [haben], wen Ihr mir gleich einen andern tag würdet geschrieben haben, den Ewere schreiben seindt mir allezeit lieb undt ahngenehm; also wen Eüch, liebe Louisse, die lust zu schreiben kompt, so last die handt undt feder gehen. Der Montauban Lachaud[2] ist nicht der, so monsieur De la Hontan meint. Der die hollandische catholische fraw geheüraht hatt, ist nicht witwer, seine holländische fraw lebt noch. Seine dochter ist freüllen bey madame la duchesse du Maine undt sehr geendert. Dießer ihr vatter heist St. Feriol[3] de Montauban, ein andere branche. Er ist auch zu Paris, hatt eine pension vom könig, umb catholisch geworden zu sein. Mich wundert, daß Ihr ihn nicht kent. Er sagt, er were, ehe er geheüraht, cammerjuncker bey mein fraw mutter geweßen undt kene Eüch gar woll, hette Eüch auch wider im Haag gesehen. Wer nicht heürahten woldt wegen die viel bößen ehen, so man sicht, müste nie heürahten; es ist wie ein glückshaffen, muß gewagt sein, oder nie heürahten. Ihr werdt auß meinen schreiben ersehen haben, liebe Louisse, wie daß mich deß gutten hertzogs todt recht zu hertzen gangen. Ich muß gestehen, daß mir der königin in Denemark todt weniger geschmertz[t]. Ich hatte I. M. nur einmahl gesehen, wie ich 7 jahr alt war, undt seyder gar wenig von ihr gehört, aber der gutte[4] hertzog habe ich etlichmahl zu Hannover gesehen, auch zu Wolffenbuttel, undt etliche [388] jahr herr haben wir einander offt geschrieben, daß verneüert die kundtschafft, undt daß der gutte herr sich meiner erinert auff seinem todtbett, hatt mich recht touchirt. Ma tante undt meiner vettern von Heßen [wegen] ist es mir recht leydt, den es ist ein großer verlust vor ihnen. Der könig in Denemarck hatt nicht woll genung mitt seiner fraw mutter gelebt, umb große consideration vor dieße verwanten zu haben; aber dieße verwanten thun ihm mehr ehr ahn, alß er ahn ihnen, ob er zwar könig ist; ihre conduitte ist tugendthaffter, alß die seine. Ewer liebes schreiben ist vollig beantwort, nur noch sagen, daß ich ein wenig beßer gehe, aber daß auffstehen, niedersitzen undt reverentz machen geht noch gar schlegt. Adieu! Ich ambrassire Eüch von hertzen undt behalte Ewch von hertzen lieb.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 19. April 1714 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 387–388
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0641.html
Änderungsstand:
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