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A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hanover.
Versaille den 6 Januari 1707.
Hertzliebe Louisse, nachdem ich 3 posten geweßen, ohne nichts
von Hannover zu bekommen, habe ich entlich vergangenen dinstag
2 große paquet von ma tante auff einmahl entpfangen, wobey Ewer
liebes brieffgen vom 21 December ware. Meins sohns handt
versterckt sich, gott lob, dermaßen, daß zu hoffen ist, daß er gar nicht
lahm bleiben wirdt. Daß verspüre ich ahn mir selber, daß nichts
gesunder ist, alß die bewegung. Dießen frühling hoffe ich, daß er
gantz geneßen wirdt. Ich habe einen starcken schnupen, habe doch
damitt 27 bogen ahn ma tante geschriben; jedoch wolte ich gern noch
Ihren
[2] lieben brieff recht beantwortten, muß mich aber eyllen. Von
herrn Kettler sage ich derowegen nichts mehr. Mein dochter schreibt
mir, daß die freüllen von Furstenberg, so nun bey printz Louis ist,
ihr geschrieben, daß dießer arme margraff sterben muß; den seine
füße seindt auffgangen, ahn statt waßer geht lautter matterie herauß
undt findt keine linderung, also keine hülff. Ich glaube nicht, daß
einiger reichsfürst nun noch seye, so die chur von Braunsweig nicht
erkendt hatt. Wen war ist, waß printz von Saxsen Zeits zu
Hannover vorgibt, kan könig Augustus solches weder vor gott noch der
welt verantwortten. Ich kan könig August gar nicht mehr lieb haben,
er machts gar zu arg. Die Sacksen, so zu Hannover sein, müßen
ehrliche leütte sein, so doll über ihres königs närische thaten zu
sein. Ma tante schreibt mir nichts von der pretendirente printzes,
so in einem ist. Aber ist es nicht die von Hohensoldern vielleicht?
Der cronprintzes glück muß Eüch trösten, I. L. nicht mehr zu sehen.
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Der cronprintz wirdt lenger geliebt werden, alß der churprintz;
den wo zwang ist, kan die liebe nicht dawern. Es ist nun rechte
zeit von husten undt schnupen; heütte habe ich auch mein theil
davon, kan derowegen nichts mehr sagen, alß daß ich Eüch,
hertzliebe Louisse, von hertzen lieb behalte.
Hertzliebe Louisse, ich wünsche Eüch ein glückseeliges neues
jahr undt alles, waß Ewer hertz wünschen undt begehren mag.