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Brief vom 18. Dezember 1716

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


796.


[050]
Paris den 18 December 1716.
Hertzallerliebe Louise, vorgestern habe ich Ewer liebes [051] schreiben von Hillington vom 28 November zu recht entpfangen. Ich wolte Eüch gern exact andtworten, allein heütte kan es ohnmöglich sein, liebe Louisse! den man hatt mich wegen mein[e]r geschwollenen bein undt füße abermahl gestern purgirt. Daß hatt mich wieder auff neüe so abgematt, daß wen ich nur 2 schrit gehe, bin ich auß dem ahtem, ja wen ich 3 lignien geschrieben, muß ich ruhen. Ich weiß nicht, waß auß dießem endtlich werden wirdt; allein ich bin in gottes willen ergeben. Man sagt, meine bein nehmen ab, aber ich verspürs noch nicht; daß rechte bein ist dicker, alß daß lincke, undt auch viel schmertzhaffter. Aber hiemitt genung von meinen heßlichen beinen! last unß von waß anderst reden! Mein sohn hatt parolle gehalten undt mir den pasport vor mademoiselle Daufreville gebracht, welches ich Eüch hirbey schicke, undt komme jetzt uff Ewer liebes schreiben. Ihr bekompt woll spat meine schreiben; seyder ich keine schreiben mehr von der printzes von Wallis entpfangen, habe ich kein eintzige woch gefehlt, Eüch 2mahl zu schreiben, alß nebmblich alle freytag undt alle dinstag; also könt Ihr selber rechnen, wie viel Ihr werdt entpfangen haben sollen. Gott gebe, daß daß gutte tractement, so Ihr zu Hillington entpfangt, nicht endern mag! Ich finde es recht artig vom duc de Chomberg, daß er seine döchter so artig surprenirt, Eüch mitt dem graffen von Degenfelt hollen zu laßen, umb sie zu erfrewen. Aber wie ist er nun bey der kälte auff dem landt, da doch alle menschen nun in den statten widerkommen? Ich bitte, danckt doch Ewern schwager sehr von meinetwegen vor sein ahndencken undt versichert ihm meine estime! Ich fürchte, ist[1] wirdt übel mitt Ewrer niepce sohngen ablauffen. Ein offener kopff ist nichts gefahrliches, der meine ist es noch. Mein sohn hatt sein leben keinen gehabt, man hatt ihm auch keine fontenelle gesetzt, ich hette es nicht gelitten, habe gar zu ein betrübt exempel dran erlebt ahn zwey von deß konigs kinder, ein duc d’Anjou undt eine kleine madame, so beyde dran gestorben; ich habe sie sterben sehen. Ihr secht hirauß, wie übel man Eüch wegen meines sohns bericht hatt. Liebe Louisse, wie kan man so lügen? ich würde er[2] sterben, alß kühebiß trincken. Gutte nacht liebe Louisse! Ich ambrassire Eüch von hertzen undt wünsche Eüch alles, waß zu Ewer vergnügen dinnen kan, undt [052] behalte Eüch von hertzen lieb.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 18. Dezember 1716 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 3 (1874), S. 50–52
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d03b0796.html
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