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Paris den 18 December 1716.
Hertzallerliebe Louise, vorgestern habe ich Ewer liebes
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schreiben von Hillington vom 28 November zu recht entpfangen. Ich
wolte Eüch gern exact andtworten, allein heütte kan es ohnmöglich
sein, liebe Louisse! den man hatt mich wegen mein[e]r geschwollenen
bein undt füße abermahl gestern purgirt. Daß hatt mich wieder
auff neüe so abgematt, daß wen ich nur 2 schrit gehe, bin ich auß
dem ahtem, ja wen ich 3 lignien geschrieben, muß ich ruhen. Ich
weiß nicht, waß auß dießem endtlich werden wirdt; allein ich bin
in gottes willen ergeben. Man sagt, meine bein nehmen ab, aber ich
verspürs noch nicht; daß rechte bein ist dicker, alß daß lincke,
undt auch viel schmertzhaffter. Aber hiemitt genung von meinen
heßlichen beinen! last unß von waß anderst reden! Mein sohn hatt
parolle gehalten undt mir den pasport vor mademoiselle
Daufreville gebracht, welches ich Eüch hirbey schicke, undt komme jetzt
uff Ewer liebes schreiben. Ihr bekompt woll spat meine schreiben;
seyder ich keine schreiben mehr von der printzes von Wallis
entpfangen, habe ich kein eintzige woch gefehlt, Eüch 2mahl zu
schreiben, alß nebmblich alle freytag undt alle dinstag; also könt Ihr
selber rechnen, wie viel Ihr werdt entpfangen haben sollen. Gott
gebe, daß daß gutte tractement, so Ihr zu Hillington entpfangt,
nicht endern mag! Ich finde es recht artig vom duc de
Chomberg, daß er seine döchter so artig surprenirt, Eüch mitt dem graffen
von Degenfelt hollen zu laßen, umb sie zu erfrewen. Aber wie ist
er nun bey der kälte auff dem landt, da doch alle menschen nun in
den statten widerkommen? Ich bitte, danckt doch Ewern schwager
sehr von meinetwegen vor sein ahndencken undt versichert ihm
meine estime! Ich fürchte, ist
[1] wirdt übel mitt Ewrer niepce
sohngen ablauffen. Ein offener kopff ist nichts gefahrliches, der meine
ist es noch. Mein sohn hatt sein leben keinen gehabt, man hatt
ihm auch keine fontenelle gesetzt, ich hette es nicht gelitten, habe
gar zu ein betrübt exempel dran erlebt ahn zwey von deß konigs
kinder, ein duc d’Anjou undt eine kleine madame, so beyde dran
gestorben; ich habe sie sterben sehen. Ihr secht hirauß, wie übel
man Eüch wegen meines sohns bericht hatt. Liebe Louisse, wie
kan man so lügen? ich würde er
[2] sterben, alß kühebiß trincken.
Gutte nacht liebe Louisse! Ich ambrassire Eüch von hertzen undt
wünsche Eüch alles, waß zu Ewer vergnügen dinnen kan, undt
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behalte Eüch von hertzen lieb.