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A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Londre.
Paris den 15 Januari 1717 a 11 heure et demie du soir.
Hertzallerliebe Louisse, gestern habe ich Ewer liebes schreiben
vom 24 alten stiel zu recht entpfangen, aber corect beantwortten
kan ich es nicht, nur in eyll sagen, daß ich noch nicht woll bin,
obgleich meine schenckel sehr abgenohmen haben. Die letzte
aderläß, so gar starck geweßen, wie ich Eüch schon geschrieben, liebe
Louisse, indem mein arm loß gangen, wobey ich noch viel bludt
verlohren, wie auch die medecin, so man mir hernach geben, so mich starcker
purgirt, alß mein dockter gemeint, daß hatt mich dermaßen
abgematt, liebe Louise, daß ich mich noch nicht davon erhollen kan.
Ich sch[l]affe übel, habe mühe zu eßen undt bin mat, daß ich mich
mehr schlep, alß gebe, habe gar keinen ahtem mehr. Man sagt,
es wirdt wieder kommen, die zeit wirdts lehren. Ich erfreüe mich,
daß Ihr gutte andtwort von Churpfaltz bekommen. Gott gebe, daß
daß werck erfolgen mag undt Ihr baldt auß dem heßlichen Englandt
ins gelobte landt kommen möget, nehmblich die liebe Pfaltz! Ich
könte unmoglich leben, wie Ewer schwager in Englandt, würde
baldt dahin sein. Die Rotzenheusserin hatt ihren neveu, deß
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Augustin sohn, woll gekendt. Es
[1] ist vergangen winter lang bey ihr
zu Strasburg geweßen. Lenor ist eine faulle hexs, sie kan sich nicht
resolviren, zu schreiben, drumb werde ich es thun, so viel mir
möglich sein wirdt; solte ich aber so übel werden, daß ich nicht mehr
schreiben könte, werde ich Eüch auff frantzosch schreiben laßen
undt versichern, daß ich Eüch allezeit von hertzen lieb behalte.