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Brief vom 19. August 1717

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


846.


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A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.

St Clou den 19 Augusti 1717 (N. 3).
Hertzallerliebe Louisse, dießen nachmittag habe ich Ewer liebes schreiben vom 7 Aug., no 5, zu recht entpfangen, aber wen Ihr recht chiffrirt habt, so fehlen mir zwey von Ewern lieben schreiben; den ich habe nur no 1 undt 2 undt dießes jetzt von no 5 entpfangen undt auff alle beyde schon geantwortet den 5 undt 11 dießes monts. Ich hoffe, daß Ihr sie nun werdt bekommen haben. Mitt meiner gesundtheit stehet es zimblich woll; ich nehme noch immer meinen copaheu[1] 2 mahl deß tags. Ich meinte, daß, nun Ewere niepcen geheüraht worden, würdet Ihr Eüch nicht mehr vor Ewer schwagers affairen zu plagen haben, sondern den graff Degenfelt davor sorgen laßen, dem die sach jetzt mehr ahngeht, alß Eüch. Man spricht hir frey von seinen füßen, ohne mitt respect zu sagen; daß findt man bürgerlich, wen jemandts so sagt. Waß schlim ahm rothlauffen ist, ist, daß es offt widerkompt. Ich glaube, daß Ewer gutte freündinen, die fürstinen von Saxsen-Weimar, froh werden geweßen sein, Eüch, liebe Louisse, wider zu sehen. Ich bin gewiß, daß es ihnen woll wirdt divertirt haben, umb den schirm zu spillen. Ihr sagt aber nicht, welch spiel sie gespilt haben, ob es mitt karten oder würffeln geweßen. Es ist eine rechte freüde, sich seiner jugendt zu erinern undt mitt wem man braff herumbgejagt hatt; Lenor undt ich haben offt die lust. Alt werden ist eine schlegte lust, von welcher ich gar nichts halte. Gehört Braunfels den graffen von Solms nicht? Ich habe einen gekendt, so man so geheyßen. Breberich ist, wie mich deücht, ein wunderlicher nahm, lautt nicht teütsch. Es seindt wenig außsichten auff dem Rein,[2] so nicht schön sein. Die churfürstin zu Pfaltz wirdt gar gewiß wieder nach Florentz. Wir haben ihr fraw mutter von montag biß dießen abendt bey unß hir gehabt, deren hatt sie es selber geschrieben. Ihr werdet gar woll thun, liebe Louisse, den jetzigen churfürsten nicht zu verseümen undt Ewere sachen richtig zu machen; aber es gefelt mir nicht ahn dießem churfürsten, daß er zu Dusseldorf residiren will, die arme [081] Pfaltz verlaßen. Man hatte mir hoffnung geben, daß er daß arme schloß zu Heydelberg wider bauen würde undt zurechtmachen wolle undt da wohnen. Man hatte mir schon geschrieben, daß die churprintzeßen schwanger ist; ich habe viel guts von ihr undt ihrem herren gehört. Es ist zeit, daß wider neüe Pfaltzgraffen kommen; den seyder wenig jahren seindt viel drauff gangen. Ich wünsche von grundt der seehlen, daß Ihr, liebe Louisse, alles vergnügen von Churpfaltz haben möget. Es ist nicht sicher, das kinder von gutten ehrlichen eltern waß deügen. Ich finde, daß Churpfaltz gar weit von seinen kindern residiren will, insonderheit wen er sie zu Neüburg lest. Man muß hoffen, daß die andtwort von Churpfaltz gutt werden wirdt; den man sagt im sprichwort: Gutt ding will weill haben. Es ist woll war, daß kein mensch in der welt sein verhengnuß entgehen kan. Es ist mir lieb, daß Ihr den October nicht wider nach Englandt geht; warumb sollen[3] dieße junge, daß der graffin kindtbett nicht nach Teütschlandt? Ich will hoffen, daß sie gutte gemühter genug haben, Eüch, liebe Louissen, wie es ihre schuldigkeit erfordert, zu lieben; allein wen sie Eüch ja so lieb haben, wirdt es ihnen keine mühe kosten, zu Eüch zu kommen. Ich dancke vor die zeittung, die amussirt; wen sie Euch aber kost, so schickt sie nicht mehr! Adieu, liebe Louisse! Ich ambrassire Eüch von hertzen undt behalte Eüch allezeit recht lieb.
P. S.
Ist niemandts mehr zu Franckfort von unßerm alten hoff von Heydelberg? Wo ist Fucks, der Sejanus,[4] hinkomen? Lebt er noch, so grüst ihn von meinetwegen!
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 19. August 1717 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 3 (1874), S. 80–81
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d03b0846.html
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