[088]
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
St Clou den 12 September 1717, umb 8 uhr morgendts (N. 6).
Hertzallerliebe Louise, vorgestern hatt mir die fraw Zachman
Ewer liebes schreiben vom 14 Aug. überliffert sambt den 12
schachteln mitt Nurnberger pflaster. Aber, liebe Louisse, Ihr schreibt
mir nicht, waß sie kosten. Wen es allein vor mich were, wolte ich
Ewer pressent ahnnehmen, aber weillen es vor viel particulliren ist,
daß ich es komme[n] laßen, so ist es ja nicht billig, daß Ihr Eüch
deßwegen incomodirt; den ich weiß, daß Ewer beüttel nicht woll
gespickt ist. Derowegen bitte ich Eüch, liebe Louisse, schreibt mir
doch, waß es Eüch kost! Den es kommen zu laßen, wirdt Eüch
mehr kosten, alß die schachteln selber, undt ich werde es hir ahn
herr Zachman geben, der kans Eüch woll zu Franckfort wieder
kommen laßen. Ich finde sein lang, schmahl weibgen recht artig,
gefehlt mir woll. Ich habe ihr gesagt, wie daß [Ihr] mir viel guts
von ihr geschrieben habt. Ich habe sie undt ihrem man schon viel
fragen von Heydelberg gethan. Es freüdt mich recht, daß
Heydelberg wider gebawet ist undt man auch wider ahm schloß arbeydt;
aber waß mich recht ärgert, ist, daß ein Jesuwitter-closter ahnstatt
daß commisseriat gebawet. Jessuwitter stehen Heydelberg übel ahn,
wie auch Franciscaner-mönchen, so die closter-kirch inhaben; sie
haben mir gesagt, sie wohnen nahe bey dem ober thor. Mein gott,
wie offt habe ich in dem berg kirschen gefreßen morgendts umb 5
uhr mitt ein gutt stück brodt! Damahl war ich lustiger , alß ich
nun bin. Ich finde die fraw Zachman eben wie Ihr mir sie
beschrieben habt. Ich wolte, daß ich gelegenheit finden könte, ihnen
einigen gefahlen zu erweißen; will es gern thun. Ich habe gestern
noch ein klein brieffgen von 28 Aug. von Eüch entpfangen; aber
es ist nichts drauff zu andtwortten, alß daß ich noch die zeit nicht
gehabt habe, die zeittungen zu leßen; den ich habe gestern 2
vissitten abgelegt, im bois de Boulogne, ein wenig mehr, alß ein halb
stündtgen von hir, bin a la Meutte zu madame de Berry, so gestern
undt vorgestern medecin genohmen, aber nur par precaution,
[089]
hernach fuhr ich nach Madrit,
[1] so in einem andern eck vom höltzgen
ist undt besucht eine dame, so vor dießem von meinen hofffreüllen
geweßen; sie war vor dießem eine große freündin vom abbé de
Theseut, aber sie seindt nun brouillirt, den, unter unß gesagt,
frantzosche freündtschafften haben nicht langen bestandt. Abendts,
wie ich wider her kam, umb 7, kam mademoiselle de Valois undt ihr
schwestergen her undt ein stundt hernach madame la duchesse
d’Orleans. Wir spilten hocca; Ihr werdt nun wißen, waß es ist,
den ich habe Eüch letzte post, liebe Louisse, ein abschriß
[2] sambt
der beschreibung geschickt. Sie, ich will sagen madame d’Orleans
undt ihre kinder, fuhren vom
[3] halb 10 weg; ich aß ein par
maul voll salat, zog mich auß undt ging nach bett, war vor
3/
4 auff
11 abendt in mein bett, schlieff gleich ein. Aber es ist 11
morgendts jetz[t], ich muß mich ahnziehen. Adieu, liebe Louisse! Ich
ambrassire Eüch von hertzen undt werde Eüch all mein leben lieb
behalten.
Sontag umb halb 7 abendts.
Wie ich eben in kutsch steygen wolte, umb spatziren [zu] fahren,
hatt man mir ein handt voll brieff gebracht, einen von der printzes
von Wallis, von mademoiselle de Malausse, von von der königin in
Preussen undt die königin von Spanien, so zu Bajonne ist, undt
eines von Eüch vom 31 Aug., no 9. Daß werde ich vor donnerstag
sparen, liebe Louisse! den ich muß jetz[t] ahn mein dochter
schreiben, will nur daß noch sagen, das ich alle Ewere schreiben
entpfangen undt mir keines mehr fehlt. Glückseelige nacht, liebe
Louisse! Ich muß mich mitt gewalt von dießem brieff abreißen;
den ich wolte Eüch gern noch entreteniren, muß es aber vor
donnerstag [sparen]. Wo mir gott daß leben lest, werde ich Eüch
eine exacte andtwort schicken, aber dießmahl nembt nur mitt dießem
wenigen verliebt!
[4]