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Brief vom 2. Januar 1718

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


878.


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Paris den 2 Januari 1718 (N. 39).
Hertzallerliebe Louise, ich glaube, ich habe Eüch schon daß neüe jahr gewünscht; aber ich bin seyder gestern noch so voller neüjahrswünsch, daß ich nicht laßen [kann], Eüch noch eine volkommene gesundtheit vor dieß undt noch vielle jahr sambt viel trost undt vergnügung zu wünschen undt alles, waß Eüch ahn leib undt sehl gutt [und] nützlich ist. Kome jetz[t] auff Ewer letztes liebes schreiben von 18 December 1717. Dancke Eüch sehr vor die letzte 2 schachteln vom nurnbergischen p[f]laster. Ich habe Eüch, liebe Louisse, letztmahl mitt so großer eyll geschrieben, daß ich Eüch nicht besagt[1] habe, daß die frantzösche beschreiben woll sagen, wozu daß pflaster gutt ist, aber nicht, wie man es brauchen solle; daß stundt im andern. Man kans nicht brauchen, wen man nicht weiß, wie mans brauchen soll; die es drucken laßen, haben also sehr gefehlt. Es scheindt woll clar, daß Ihr keine post verfehlt, liebe Louise! Ich weiß nicht, wie ich dieß jahr enden werde, aber ich habe es, gott lob, mitt volkomm[en]er gesundtheit ahngefangen undt gestern abendt in der ittallienischen commedie woll von hertzen gelacht. Es seindt exellente acteurs, Harlequin, Lelio, Pantalon undt le docteur Lanternino, können nicht beßer sein. Es ist ein ingenieur hir, so monsieur Herman heist, der macht eine machine von blech, daß hatt er auff meine caminer gesetzt, sie rauchen nicht [159] mehr; ich wolte, daß Ihr auch so eine machine auff Ewer cammer cammin [hettet]. Ich bin wie Ihr, ich kan keine oven vertragen. Ich weiß nicht, ob Ihr Eüch noch erin[e]rn könt, wie ich zu Heydelberg war; so baldt alß man mein pressentz ein wenig zu sehr erhitzt war,[2] machte ich alle fenster auff, habe es nie vertragen können. Nicht[s] ist den gemähls schadtlicher, alß der rauch. Ich weiß woll, wo Ewere cammern im englischen bau wahren. Mein bruder s., ehe man ihn zu die manßleütte gethan, und ich seindt auch in unßern ersten jahren da logirt geweßen. Alle titteln undt maniren von Franckreich seindt so different von die teütschen, daß man lang sein muß, ehe man sich dran gewohnt. Man gibt selten tittel in Franckreich. Der konig hatt nie leyden wollen, daß man seinen h. sohn, monsieur le dauphin, altesse royale heißen solte; man hatt ihn nur monseigneur geheißen. Es ist deß churfürsten von Bayern[3] eygene schuldt, daß man ihn hir in Franckreich so nieder gehalten; den er selbst hatt sich erniederigt; ahnstatt sich zu seinen leiblichen neveux zu halten, ist er nur mitt den printzen undt printzessinen du sang umbgangen undt hatt sich contentirt, mitt denen zu eßen undt auff die jagt zu fahren, undt ahnstatt mitt damen von qualitet umbzugehen, hatt er nur grissetten bey sich gehabt undt lautter dergleichen gentillessen. Ihr betriegt Eüch sehr, liebe Louisse, wen Ihr meint, daß Chur-Bayren fro ist, wider in seinem landt undt ehren zu sein. Er regrettiret alle tag daß luderleben, so er hir geführt. Wen daß geschrey war ist, so vom churprintz von Saxsen geht, daß I. L. so gar übel bestelt zum heürahten sein soll, thut er woll übel, darnach zu trachten, undt wirdt nicht mehr ehre, noch erben davon tragen, alß der junge hertzog von Württenberg. Daß ordre vom gültten fließ ist zu gemein, umb daß man es sehr wünschen solle. Ich habe vergangen mittwog brieff von der gräffin von der Bückenburg entpfangen vom 12/23 [160] December 1717; die bericht mich, daß die gichter undt fieber, gott lob, die printzes verlaßen; schrepffen undt spanische fliegen haben I. L. courirt; allein sie seindt noch gar matt, welches woll kein [wunder ist]. Die sach mitt dem könig undt dem printzen ist leyder noch nicht zum endt; aber man hatt doch hoffnung. Gott gebe, daß die erste zeytungen waß guts sein mögen! Warumb hatt man mitt der tauff vom freüllen von Degenfelt nicht gewahrt, biß die printzes wider gesundt ist? so hette sie es selber halten können. Ihr habt den nahmen von Ewerer kleinen niepce recht errahten; allein ich habe übel gefunden, daß man sie nicht eher Caroline, alß Wilhelmine, geheißen hatt, erstlich weillen deß kindts leibliche fraw mutter so geheyßen, zum andern weillen es der nahme ist, welchen die printzes von Wallis unterzeichnet. Ihr könt woll gedencken, lieb Louise, daß ich den graffen von Degenfelt von hertzen gern dinnen wolt, wen es bey mir stundte; aber ich sehe leyder nicht, worin ich ihn werde dinnen können. Der könig in Preussen hatt auch frembten in seinen dinsten. Ich keine[4] einen Frantzoßen, so Ferand[5] heist undt sich hir geschlagen hatt, deß wegen durchgehen müßen, der woll dort dran ist undt sich dort geheüraht hatt. Also segt Ihr ja woll, liebe Louisse, daß es nicht wahr ist, daß man ahm berlinischen hoff keine frembden ahnnimbt. Aber da bekomme ich schreiben von hertzog von Lotheringen, meiner dochter undt meine encklen, muß also wieder willen schließen undt vor dießes mahl nichts mehr sagen, alß daß ich von gantzer seelen biß ahn mein [endt] nie auffhören werde, Eüch von hertzen lieb zu behalten.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 2. Januar 1718 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 3 (1874), S. 158–160
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d03b0878.html
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