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Brief vom 9. Januar 1718

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


880.


[163]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckforth.

Paris den 9 Januar 1718 (N. 41).
Hertzallerliebe Louisse, vergangen donnerstag, wie ich eben Ewer schreiben auff die post geschickt hatte, bekame ich Ewern lieben brieff vom 21 December 1717, undt ob ich zwar noch meinen starcken schnupen habe, wozu sich noch ein braffer husten geschlagen, so daß ich die cammer hütten muß, so kan ich mich doch nicht resolviren, dieße post verbey zu gehen laßen, ohne Eüch auff Ewer liebes schreiben vom 21 December zu andtwortten; den ich habe in acht genohmen, daß, wen man einmahl eine post verfehlt undt auffschiebt, kan man hernach nicht wieder zum schreiben gelangen; also will ich, so viel mir möglich wirdt sein, keine post verfehlen. Mein gott, liebe Louise, nimbt es Eüch wunder, daß ich Eüch lieb habe? Ihr wist ja woll, daß ich Eüch undt Ewer geschwister alle sehr lieb gehabt habe; zu dem, so habe ich einen so großen respect undt wahre kindtliche liebe zu I. G. unßer churfürsten undt herr vattern s., daß ich ja woll von hertzen lieben muß, waß mir allein von I. G. s. überig bleibt. Über daß, so meritirt Ihrs auch durch Ewere eygene tugendt, wodurch Ihr Eüch bey jederman consideriren undt beliebt macht; daß kan ich Eüch, liebe Louise, ohne flatterie sagen. Raisoniren werde ich heütte gar nicht, den mein husten undt schnupen plagt mich gar zu sehr. Da bringt man mir zwey von Ewern paquetten auff einmahl mitt Ewere lieben schreiben vom 25 December, no 42, undt eines von 28, no 43, werde aber auff keines von beyden heütte andtwortten undt es vor die andere post sparen, nur in großer eyll sehr dancken vor daß artige calendergen undt hübsche silberne müntze, welche mir gar nicht just deücht; den erstlich steht nicht: Sie, Saul! du verfolgst mich, sondern: Saul, Saul, warumb verfolgst du mich?[1] Aber der herr sagte daß zu Saul, umb einen außerwehltes werckzeüg auß ihm zu machen, welches er nie auß dem teüffel wirdt machen; also deücht mir, daß die medaille nicht so just ist, alß andere. Komme jetz[t] wider auff daß erste [164] schreiben, wo ich zuvor geblieben war. Ich habe ahn abbé Dubois geschrieben, Ewere niepce undt graff Degenfelt mein compliment zu machen. Da kompt mademoiselle undt bitt mich, ins opera zu gehen. Ich hatte keine lust, will doch die complaisance vor sie haben. Nach dem opera werde ich dießen brieff enden. Da komme ich eben vom opera; es ist daß letzte mahl, daß man Issis[2] spilt, drumb habe ich die complaissance gehabt, mademoiselle ins opera zu fahren; den wen ihre fraw mutter nicht ins opera geht, darff sie nicht ohne mich nein, also habe ich heütte die complaisance gehabt. Mein gott, wie würden mir die zeit so lang wehren, wen ich allezeit von Loy reden hört! Sol ich Eüch die wahrheit sagen, alles, waß ich von Englandt höre, gefehlt mir gantz undt gar nicht; wolte nicht in dem landt sein vor aller welt gutt. Wen Ewere elste niepce nur keinen englischen kopff hatt! Ich fürchte aber, weillen sie Teütschlandt nicht liebt; daß schickt sich nicht zu ihrem teütschen nahmen von Schonburg. Die, so einem gar nahe sein, kan man woll lieb haben, ob sie einem zwar nicht so lieb haben, alß wir sie haben. Aber, liebe Louise, man muß ahn sich selber dencken undt sich nicht vor sie incommodiren, daß ist meine meinung; undt wie ich Eüch lieber habe, alß sie, so habe ich nicht laßen wollen, Eüch naturlich zu sagen, wie ich es dennke. Ich habe noch die zeit nicht gehabt, deß abbé de Buquoy schriefften zu leßen; mein secretary schreiben ahn ihm ist vielleicht nach Hanover gangen, wie er nicht mehr da war. Ich bin fro, daß der graff von Nassau-Weilburg so woll mitt mir zufrieden ist. Er thut mir einen rechten gefahlen, mir daß gutte zeügnuß zu geben, daß ich von hertzen vor Eüch solicitirt habe. Zu Strasburg hatt man die talckbilder nur in geschraubte thaller, aber vor dießem habe ich sie in schwartzen schachteln gesehen. Könte man keine von Augsburg oder Nurnberg bekommen? Ich bitte, informirt Eüch deßwegen undt seydt versichert, daß ich Eüch all mein leben von hertzen lieb behalte!
P. S.
Ich bitte, entschuldigt die fehler dießes briffs! Ich kan ohnmoglich uberleßen, muß noch ahn mein dochter schreiben.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 9. Januar 1718 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 3 (1874), S. 163–164
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d03b0880.html
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