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Brief vom 10. Februar 1718

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


888.


[182]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Paris den 10 Februari 1718, umb halb 6 abendts (N. 49).
Hertzallerliebe Louise, in dießem augenblick komme ich von [183] 5 meil von hir, wo ich zu mittag geßen, nehmblich von Chelle.[1] Ich hab 3 halb stundt ahngewendt im hinfahren, eben so viel im herfahren undt hab 3 stundt ahngewendt, im closter zu bleiben. Da bin ich nun wider, ich habe meinen mögligsten fleiß ahngewendt, mademoiselle du[2] persuadiren, keine non zu werden; aber sie will es mitt aller gewalt sein. Ich will mich weitter nicht drin mischen; vatter undt mutter mögen sehen, wie sie die sach außführen wollen. Ich komme auff Ewer lieb[e]s schreiben vom 22 Jan., no 7. Es frewet mich, wen ich sehe, das unßere brieffe so richtig gehen. Gott gebe, daß es dawern mag! Von meinen husten undt schnupen sage ich nichts mehr; den es ist lengst verbey, mögte aber woll widerkommen, den daß wetter ist abscheülich rau undt wider seydt 4 tagen ein starcker frost. Alle gräben seindt zugefrohren undt bey der Bastille habe ich viel leütte auff schrittschu gehen sehen. Ich befinde mich doch nun, gott lob, recht woll. Nichts bringt mehr unglück, alß wen man sich berümbt, daß man perfect gesundt ist; es kompt alß waß hernach. Daß saußen im kopff ist, gott lob, nichts gefährlichen; die noch lebt, die hatt es seyder 50 jahren undt befindt sich noch woll, geht in ihr 84 jahr, hatt noch gutt gedachtnuß undt gutten verstandt, ist aber ein wenig schwächer auff den beinen, alß sie geweßen, welches nicht zu bewundern ist. Es ist eine heßliche sach umb die see, mir ist sie recht zuwider; wens nur, daß man keine brieffe richtig bekommen kan, were es mir zuwider. Monsieur Darcy hatt die printzes von Wallis gesehen. Seiner gräffin von Essex mögte daß reißen woll verleyden. Ich glaube, wen man salvirt ist, fragt man wenig darnach, wo die jagt[3] hinkommen ist, worinen man geweßen. Die unglück, so durch die waßerfluht geschehen, jammern mich von hertzen, insonderheit der graff von Oldenburg undt seine fraw mutter; den bey ihren verwantten hir wirdt sie keine resource finden. Der konig in Englandt, wen ichs sagen darff, tractirt die princes von Wallis zu hart, die doch nichts gethan hat, ihren kindem zu verbietten, zu ihr zu komen, die sie so hertzlich liebt. Wo können sie auch beßer erzogen werden, alß bey einer so verstandigen undt tugendtsamen fraw mutter? Daß ist übel bedacht in meinem sin. Waß man in den teütschen zeittungen sagt vom czaar dochtergen, ist kein [184] wordt war; sie were aber nicht die erste moscowittische printzes, so königin in Franckreich geweßen were; den Henry premier hatte eine geheüraht,[4] weillen ein papst ihm ein heüraht hatte brechen machen mitt einer nahen baßen. Mein nachteßen ist kommen; ich muß enden, Ewer brieff ist beantwort, kan vor dießmahl nichts mehr sagen, alß daß ich Eüch von hertzen lieb behalte. Entschuldigt die fehler! Ich kan mein brieff nicht überleßen.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 10. Februar 1718 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 3 (1874), S. 182–184
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d03b0888.html
Änderungsstand:
Tintenfass