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A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
St Clou den 19 May 1718 (N. 77).
Hertzallerliebe Louise, gestern fuhr ich nach Paris, meinen
sohn, fraw undt kinder zu besuchen undt auch eine neüe commedie
zu sehen, so nicht viel besunders ist. Es seindt schönne sachen
drinen; der tittel ist Artaxarte,
[1] gar tugendtsame, eine pa[r]thische
historie. Wie ich in die loge trat, gab man mir Ewer liebes
schreiben vom 7 dießes monts. Freylich bin ich gern hir, den da habe
ich ruhe; zu Paris lest man einem weder ruh, noch rast, undt wen
ich es auff gutt pfaltzisch sagen soll, so geheyt man mich gar zu
übel zu Paris; dießer bringt einem ein placet, der ander plagt
einem, umb vor ihm zu reden; dießer fordert eine audientz, jenner
will eine andtwort haben; sume, es ist nicht außzustehen, wie ich
dort geplagt werde, es ist arger, alß nie, bin mitt freüden wieder
weggefahren, undt man ist gantz verwundert, daß ich von dießen
hudleyen nicht gantz charmirt bin, undt ich gestehe, daß es mir
gantz unerträglich ist. Ohne gritlich-sein kan ich nicht zu St Clou
sein; den ich habe gar zu viel verdrießliche grillen im hirnkasten.
Aber ich will mein bestes thun, niemandts damitt beschwehrlich zu
fahlen. Daß große wie kleine ihre last in dießer welt haben, ist
kein wunder; den sie seindt ja nur menschen wie andere auch, also
alles unterworffen, waß den menschen in der welt begegenen kan.
Aber waß sie ahm ärgsten haben, ist, daß sie allezeit mitt so viel
leütte umbringt sein, daß ihre unglücke nie heimblich, noch
verborgen sein können, undt müßen denen, so weniger seindt, alß sie,
zum spectacle dinnen. Die printzes von Wallis jammert mich woll
von grundt meiner sehlen. Ich gestehe, ich begreiffe nichts ahns
konigs von Engelandts conduitte. Ich glaube nicht, daß die
printzessin den printzen gegen den mylord Neucastel
[2] auffgestifft
hatt; aber gesetzt, sie hette es gethan undt nicht genung betracht,
daß es dem konig in Engellandt verdrießen mögte, so ist doch
der fehler nicht so groß, daß er nicht könte durch eine abbitt
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undt soumission außgelöscht werden. Der printzessin werde ich
kein wordt sagen, waß Ihr mir da sagt, liebe Louisse! Ihr dörfft
nicht fürchten, mein leben cittire ich niemandts. Aber dießes
entschuldiget den könig nicht, seines e[i]ntzigen sohns entschuldigungen
nicht ahnzunehmen undt ihm einen englischen mylord vorzuziehen,
ja so gar barbarisch mitt ihm umbzugehen, ihm nicht allein nicht
zu verzeyen, sondern auch verhindern, daß er in 4 monat seine
liebe kinder nicht hatt sehen dörffen; daß finde ich zu hart. Maistresse
de garderobe heist man dame d’atour hir, daß gibt hir den tittel
von madame, alß wen sie geheüraht wehren. Man muß hoffen,
daß sie auch mitt der zeit (ich will sagen die freüllen von
Gemingen) auch ihre pension vom könig bekommen wirdt; den es ist
nicht möglich, daß dieße troublen allezeit dawern können, undt
wirdt es wider gutt, wirdt man woll die, so übel tractirt sein
worden, recompensiren mußen. Ich halte die freüllen Gemingen vor
glücklicher, dame d’atour, alß kinderhoffmeisterin, zu sein; da hatt
man mehr ruhe bey, aber kinder zu erziehen, da hatt man nichts,
alß mühe undt sorgen, bey, undt lachen einem noch offt dazu auß.
In meinem sin ist keine widerlichere nation, alß die englische; sie
seindt zu boßhafftig undt zu neydisch, umb daß man sie lieb könt
haben. Wen Ihr mir die ferngläßer schickt, so schreibt mir dabey,
waß es kost! Den ich will nicht gern ohnnohtige unkosten machen.
Ich bin fro, daß viel frembten zu Franckforth sein; den ich [denke,]
daß dießes was verenderung vor Eüch sein wirdt. Mitt großen
schmertzen undt geschwollen backen ist es keine lust, unter die
leütte zu gehen; aber daß muß woll wieder auffhören. Ich glaube,
daß Eüch der herr Zachman oder seine fraw Eüch schreiben
werden; den ich habs ihnen sehr reprochirt, daß sie es bißher nicht
gethan. Die hundt sein gewiß nicht vor meinem sohn, den er ist
gar kein jäger. Es wirdt spät, ich muß eine pausse machen. Dießen
nachmittag werde ich außschreiben.
Donnerstag, umb 1/4 auff 4 nachmittags.
Ich habe bißher gewahrt undt nicht wider ahngefangen, zu
schreiben, umb zu sehen, ob ich nichts neües erfahren würde, undt
unterdeßen bin ich in den gallerien spatziren gangen, hab mehr
spatzirt, alß ich in 2 jahren gethan, bin auch recht müde, werde
doch noch umb 5 in caleschen in den gartten spatziren fahren.
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Adieu, hertzliebe Louisse! Ich ambrassire Eüch von hertzen undt
versichere, daß ich Eüch allezeit von hertzen lieb behalte.