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St Clou den 18 Augusti 1718, umb 11 morgendts (N. 2).
Hertzallerliebe Louisse, ich habe mich heütte ein wenig verschlaffen, bin erst umb 7 auffgestanden, habe doch schon viel gearbeydt; den ich habe ahn mein vettern, den h. landtgraffen von Cassel, geantw[o]rt auff ein schreiben, so ich gestern von I. L. entpfangen. Daß habe abcopirt; den wens affairen ahngeht, ist es gutt, zu wißen, waß man gesagt hatt; undt wie ich keinen teütschen secretari habe, muß es durch meine eigene handt geschehen. Daß ist verdrießlich; ich schreibe lieber 10 brieff, alß daß ich einen copire. Ich habe auch auff ein cantzelley-schreiben ahn dem erbprintzen von Württenberg geantwortet auß selbiger ursach, er hatt mich zu gevatter gebetten zu seinen neügebohrnen printzen. Daß hatt alle menschen verwündert; den man meinte die sach unmoglich, wie seiner gemahlin hoffmeisterin davon gesprochen hatte. Daß erinert mich ahn Benserade.[1] Wie monsieur de Langais,[2] so in dem congrés vor impuissant ware declarirt worden undt doch wider eine andere fraw genohmen hatte, so Ihr zu Hannover gesehen, undt sie schwanger wurde, sagte Langes zu Benserrade:He bien, voila pourtant ma famme grosse.Penserade andtwortete:
He, monsieur, on n’a jamais douttes de madame vostre famme.So, fürchte ich, wirdt es meinem herrn gevattern, den erbprintz von Württenberg, auch gehen. Es ist aber zeit, daß ich auff Ewer liebes schreiben vom 2 Aug., no 59, komme. Ich werde Eüch aber dießen morgen nicht lang entreteniren können; den ich muß mich baldt ahnziehen. Wir haben hir seyder 3 wochen eine solche unaußsprechlich[e] hitze, daß alle menschen schir verschmacht[en.] 4 [351] maner, so vergangen woch bey dem waßer arbeytten undt keinen schatten hatten, seindt von der hitz gestorben. Ich meinte, man müste sich nur schämmen vor waß unehrlich ist; den vor waß gutt undt ehrlich oder gantz indifferent ist, davor schambt man sich nie, liebe Louise! Aber ich bin froh, wen Ihr etwaß in meinen briffen findt, so Eüch ein wenig divertirt undt lachen macht. Es seindt viel leütte, so gar keine delicatesse in der freündtschafft begreiffen können undt verliebt-sein mitt freündtschafft gantz confondiren; drumb kompts ihnen närisch vor, wen man delicatesse in amitié hatt. Der alte Matheis hatt ehre davon; den die brieff gehen nun gar richtig, liebe Louise! Mich deücht, daß Bussée kein teü[t]scher nahm ist, undt ich erinere mich nicht, ihn mein leben gehört zu haben, auch nicht, die person jemahlen gesehen zu haben. Aber es kan doch woll sein; den außer leütte, mitt welchen ich gar famillier geweßen, erinere ich mich von nichts, den ich habe gar ein schlim gedachtnuß. Wir haben hir einen cavalier bey dem printzen von Darmstat, so monsieur Reigné heist. Ich habe mein tag keinen Frantzoßen gesehen, so so perfecte teütsche reden undt maniren hatt, alß er. Ich habe gemeint, er wer ein Teütscher. Er spricht viel beßer teütsch, alß frantzösch; er ist all sein leben bey printz Louis von Baden geweßen biß ahn sein endt. Dießer mensch kompt mir all fein vor, hatt verstandt, undt ich will, wen ich ihn wider sehen werde, von den Bussée fragen. Es ist etwaß rares, leütte zu sehen, so lang bey hoff geweßen, ohne hoff zu leben können. In dießem augenblick bringt man mir Ewer liebes schreiben vom 6, no 60. Daß werde ich vor biß sontag, wo mir gott leben undt gesundtheit verleyet, sparen. Ich habe es noch nicht geleßen, werde es in der promenade in der calesch leßen. Vom generalmajor Graffendorf erinere ich mich auch gar nicht mehr, der muß erst nach mir in die Pfaltz kommen sein. Die Hauben halte ich vor ein saxsisch geschlegt. Dießer nahm ist mir nicht unbekandt. Es ist war, daß der 2 Augusti meines sohns geburtstag, undt der 4 ist seines sohns. Vor alle gutte wünsche, so Ihr meinem sohn thut, dancke ich Eüch von hertzen, liebe Louise, wie auch alles, waß Ihr mir guts wünschet.