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Brief vom 8. September 1718

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


948.


[372]
St Clou den 8 7br 1718 (N. 8).
Hertzallerliebe Louise, hiemitt komme ich auff Ewer liebes schreiben vom 23 Aug., no 65, zu andtwortten. Daß Ihr meine zwey schreiben auff einmahl entpfangen, da werde ich nichts mehr von sagen; den ich habe in meinem letzten schreiben davon gesprochen. Ich hoffe, daß dießes letzte schreiben Eüch hintern wirdt, ein ander mahl in sorgen zu sein. Meine gesundtheit ist, gott lob, [373] noch gutt, ob ich zwar seyder alles dem gethuns undt den dreüen der duchesse die[1] Maine, meinen sohn zu assasiniren, ich nicht so woll, alß ordinarie, schlaffen. Waß solle man sagen? Dieße leütte seindt ein bößes undt gar verfluchtes par undt werden in ihrer boßheit von der alten hexsen,[2] wie die großhertzogin alß sagt, unterhalten, so mich undt meine kinder allezeit so gehast hatt, daß sie unß hette todt sehen mögen. Ihre boßheit wirdt so lang wehren, alß ihr leben. Dancke Eüch vor Ewere gutte wünsche, liebe Louise! Die hitze ist, gott lob, vorbey undt nun ein recht schönnes undt ahngenehmes wetter, kein staub, weder warm, noch kalt, fahre alle tag auß außer dinstag undt freytags; da kan ich nicht außfahren, habe zu große brieffe zu beantworten ahn die printzes von Wallis undt meine dochter, daß ich von morgendts biß in die nacht zu schreiben habe. Wen daß wetter sich abgekühlt findt, ist es ein zeichen, daß in der nachbarschafft ein starck wetter geweßen ist. Ein zeichen, daß die große hitze nicht ungesundt ist, ist, daß alle hitzige kranckheitten auffgehört undt nur 3tägige fieber geblieben sein. Es seindt aber hir viel leütte von der sonen gestorben; man heist daß hir des coup de soleill. 4, 5 seindt in einem tag gestorben, aber nur arbeydtleütte. Der Veninger von Eychterheim, so so einen erbarmblichen todt gehabt hatt, deßen vatter undt schwester aber[3] ich gekent, man hieß den vatter den Philips Ernst, auch offt den randandé. Seine dochter, dießes schwester, hießen wir die amstel,[4] den sie war von sommerflecken gesprenckelt, wie eine amstel; Lenor hatt ihr daß auffgebracht. Der Veninger, so nun erb ist, ist jetzt eben hir, er ist mein patte. Ich hette woll nie gedacht, daß Augustin sein sohn erb vom gantzen veningenschen geschlegt sein würde; so gehts in der weldt. Lenor hatt ihres vettern todt mitt großer standthafftigkeit ahngenohmen. I. L. Churpfaltz hatt mir von Schwetzingen auß geschrieben, haben dießem[5] datum nicht ohne seüfftzen leßen können, weillen es mich ahn meiner jugendt erinert. Aber da kompt ein courir auß Lotteringen. Meiner dochter brieff ist so lang, daß ich jetzt muß eine pausse machen undt mich ahnziehen. Dießen nachmitt[ag,] nachdem ich in der kirch werde geweßen sein, werde ich antworten. Da kompt meine cammer voller Teütschen, der printz von Anhalt mitt [374] seinem Hattenbach, 2 graffen von Sain undt Wittgenstein, der graff von Colignee undt der junge Veningen.
Donnerstag, den 8 7br, umb halb 6 abendts.
Es ist schon anderthalb stundt, daß ich auß der kirch bin kommen. Ich habe aber nicht eher wider zum schreiben gelangen können; den es seindt unerhört viel leütte zu mir kommen undt ich habe noch ein liebes schreiben von Eüch entpfangen undt geleßen, vom 27 Aug., no 66. Aber daß kan ich heütte ohnmöglich beantworten; den ich muß noch ahn mein dochter schreiben, muß mich also greülich eyllen. Ich kan sagen: Je recognois mon sang ahn I. L. den churfürsten zu Pfaltz, daß I. L. die ceremonien nicht lieben, die haße ich auch, wie den teüffel. Schickt mir, ich bitte Eüch, die beschreibung von deß churfürsten einzug! undt im fall es in kupffer gestochen wirdt, mögte ich gern eines davon haben. Allezeit habe ich dießen printz Carl, so jetzt churfürst ist, über die maßen loben hören. Nun werdt Ihr woll baldt Ewere pfaltzische reiß ahngeht.[6] Ich finde Eüch glücklich, liebe Louisse, daß Ihr daß gelobte landt wider betretten werdtet, Heydelberg undt Schwetzingen sehr.[7] Grüst mir meine alte cammern undt den gläßern sahl undt schreibt mir viel davon! Bin fro, daß Eüch meine sincere sentiementen so ahngenehm sein, liebe Louise! Wen ich eine lügenerin were, würde ich mir selber feindt sein; den ich haße daß lugen abscheülich, es ist ein wust laster. Von Ewer fraw mutter undt den armen Carlmoritz werde ich nichts mehr sagen, noch von meinem gutten, ehrlichen freündt, den Weibenheim.[8] Den[9] brieff, den I. G., unßer herr vatter, mir wider schickte, war von I. G., mein fraw mutter. Mich wundert, [daß] Caroline sich hatt resolviren können, den duc de Schonberg zu heürahten; den sie kente ja seinen desraisonablen, jaloussen humor woll; daß erweist woll, daß heürahten auch verhengnuß sein, so man nicht entgehen kan. Von der jalousen delicatessen da halt ich gar nichts von, liebe Louisse! Glaubt mir, liebe Louise! die fraw, so Charlotte heist, ist ihr leben nicht in meinen dinsten geweßen;[10] ich kan ja keine von ander religion hir bey mir haben, alß catholische, [375] undt ich erinere mich meiner leütten gar woll, vergeße sie nie. Aber ich habe mein leben keine cammerfraw gehabt, so ahn die fraw Jordanin geweßen. Ich will dießen abendt noch Suson drüber examiniren, ob sie weiß, waß daß ist, undt werde es Eüch biß sontag berichten. Da kompt Suson, sie sagt, sie erinere sich woll, daß eine, so mein patte war undt zu St Chaumont bey soeur Marechal geweßen, bey ihr 2 mont, aber kein jahr, geschlaffen, undt bey mir ist sie nie geweßen, wie ich es woll gesagt habe. Ich glaube, daß monsieur Marion wider bey Eüch sein wirdt; den er hatt schon lengst abschiedt von mir genohmen. Von monsieur Gueneault höre ich … Biß donn[e]rstag werde ich mitt der fürstin von Ussingen schwester, der marquise Dangeau, bey der duchesse du Lude zu mittag eßen. Hiemitt ist Ewer liebes schreiben vollig beantwortet, bleibt mir nur noch überig, Euch zu versichern, daß ich Eüch allezeit von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 8. September 1718 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 3 (1874), S. 372–375
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d03b0948.html
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