[428]
St Clou den 6 Novembre 1718, umb 5 abendts (N. 26).
Hertzallerliebe Louise, wie ich eben in die kirch gangen, seindt
meine brieffe ahnkommen undt habe Ewer liebes schreiben vom
29 8br, no 83, zu recht entpfangen. Ich bin verwundert geweßen,
Ewern datum noch von Heydelberg zu sehen, meinte, daß Ihr wider
zu Franckfort wehret. Aber nun werdet Ihr gewiß dort sein, werde
also dieß paquet dahin adressiren; schicke Eüch hirbey daß
versprochene schächtelgen zur kirbe undt eines mitt mode
[1] divine,
wünsche aber dabey, daß Ihr es nicht von nöhten mögt haben. Ich
schlage mich die sorgen so sehr auß dem sin, alß mir immer
möglich ist, undt laß gott den allmächtigen walten. Bößer leütte toben
wehrt nicht lang, daß ist wahr, allein in der wenige zeit können
sie doch gar viel übels ahnrichten. Gott bewahre unß, daß sie nicht
alles thun mögen, waß sie können! Ehe ich schlaffen gehe, werde
ich den 73 psalm leßen. In dießem augenblick kompt man sagen,
daß der printz Eugene gestorben undt vergifft sein; wen daß wehre,
wirdt man es woll zu Franckfort erfahr[e]n, bitte Eüch derowegen,
mir es zu berichten.
[2] Ich hoffe, daß Eüch der churfürst so woll
[429]
tractirt, ein gutt zeichen sein wirdt undt man Eüch bezahlen wirdt.
Hette ich einen teütschen secretarius, würde ich den churfürsten
nicht mitt meiner handt importunirt haben; allein es ist ein[e] rechte
schandt, wie mein protocol
[3] vor die churfürsten undt fürsten ist.
Derowegen hatt unßer herr vatter s. undt unßere liebe churfürstin
s. erdacht, daß ich en billiet in dem brieff undt die überschriefft
auff Teütsch machen solte, undt weillen mein secretarius kein wordt
Teütsch kan, muß ich es ja woll mitt meiner eygener handt thun.
Man muß vor dießem beßer schenckel gehabt haben, alß zu itzigen
zeitten; den wie ich jung war, habe ich die alten leütten nie so
über die stiegen klagen hören, alß wir nun thun; undt hette man
vor dießem so kniewehe gehabt, hette man woll die staffeln niederiger
mach[en] müßen. Wen dieße pomade divine, so ich hirbey schicke,
zu endt sein wirdt, last michs wißen! so werde ich neüe schicken.
Es ist gewiß, daß es ein gutt remedien ist undt nicht stinckendt.
Mir kompts possirlich vor, daß Eüch der churfürst Libden selber
animirt, mitt seinen ministern zu sprechen. Ist der graff
Hatzfelt ein so woll gebohrner graff, alß der graff Wießer? Hir im landt
seindt die wege noch nicht schlim; mich deücht auch, daß die
Bergstraß so ein ebener weg ist, daß es nicht gefahrlich sein kan. Mich
verlangt, wider zu vernehmen, wie Ewere reiß abgeloffen wirdt sein.
Es schaudert mir recht, zu gedencken, daß mein bau gantz zu
grundt undt nicht mehr zu bewohnen ist, wie auch der arme
englische bau, da schaudert mir recht vor; were den daß nicht wider
zu recht zu bringen? Es war ja so ein gemachlich hauß; wen der
churfürst es wider zu recht bauen wolte, würde sich niemandts
scheüen, in schloß zu kommen; den es ja gar ein gemachlich undt
ahngenehm schloß geweßen ist. Mich verlangt recht nach dem
abriß von Schwetzingen. Ich habe mich so erschreklich geeylt, daß
ich glaube, daß dießer brieff unleßlich sein wirdt.
[4] Aber madame
d’Orleans wirdt gleich ahnkommen undt müßen hoca spillen. Die
großhertzogin ist dießen nachmittag kommen, wirdt biß donne[r]stag
hir bleiben. Adieu, liebe Louisse! Ich ambrassire Eüch von
hertzen undt behalte Eüch von hertzen lieb all mein leben.