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St Clou, sontag, den 13 9br 1718, umb 7 uhr morgendts (N. 28).
Hertzallerliebe Louise, es ist heütte ein verdrießlicher tag vor
mich; den man wirdt mich umb 9 uhr zur ader laßen auß
precaution, weillen es über 6 mont ist, daß ich nicht gelaßen habe,
undt aderlaßen undt medeciniren haße ich abscheüllich; aber man
thut es, weillen meine schenckel wider ahnfangen, zu gesehwellen.
Aber dieß alles soll nicht verhindern, daß ich mein versprechen
halte, keine post zu verseümen, werde noch woll zeit haben, auff
Ewer liebes schreiben von 31 8br, no 84, zu antwortten. Ich weiß
nicht, durch welche avanture ich 7 Louis vor 6 in daß porte-lettre
gethan; zwey müßen sich zusamengeklebt haben. Jedoch in zahlen
ist es weniger irthum, mehr, alß weniger, zu finden. Eine Louis
d’or wider zu schicken, wer der mühe nicht werdt geweßen. Ich
habe deß jahrs sehr viel porte-lettre, so mir von den clostern geben
werden; wen Eüch die gefahlen, kan ich Eüch davon alle jahr ein
par schicken. Mich deücht, es ist gemachlich, differenten papiren
drin zu thun. Ich glaube, daß daß porte-lettre, so ich Eüch
geschickt habe, gewürckt ist. Es ist eine erbarmbliche sache, blindt
zu werden; wolte lieber todt sein, alß blindt. Meine augen seindt
bey weittem nicht so gutt, alß sie geweßen sein; allein ich habe
doch zum leßen, noch schreiben keinen brill von nohten undt sehe
noch so woll von weittem, alß von nahe. Wie lang es wehren
wirdt, mag gott wißen. Ein gutter occulist, so nun todt, aber der
konigin von Sicillien boße augen courirt hatt, wie sie noch ein
kindt, hatt mir gesagt, ich solle mich, wen ich ahnfangen würde,
einigen unterschiedt ahn meine augen zu spüren, mich nie weder
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brill, noch conserven
[1] gebrauchen, sondern gedult haben, daß
gesicht würde wiederkommen. Dießen raht folge ich undt befinde
mich woll dabey, sehe nun beßer, alß vor 10 jahren. Die tage
seindt nun kurtz, verlangt mich, zu vernehmen, daß Ihr wider woll
undt glücklich mogt zu Franckfort ahnkommen sein. Fahren macht,
wie mich deücht, nicht müde, man habe den kutschen ohne
ressort,
[2] wie ich hoffe, daß Ihr nicht habt. Der weg nach
Schwetzingen ist ja eben, wie dieße kamer, nicht einmahl ein hügel zu
finden. Daß wetter hir ist nebellicht, aber nicht kalt. Zu meiner
zeit hatt man den Heydelberger berg auch nicht gescheüet. Alles
endert in der weldt, wirdt aber leyder nicht beßer. Es ist mir leydt,
liebe Louise, daß Ihr ohne gelt wider weg geschickt werdt. Ihr habt
den ruff, liebe Louise, allezeit alles weg zu geben, waß Ihr habt, undt
daß Ihr lieber selber leydt, alß nicht zu spendiren. Daß ist doch
ein großer trost, überall woll ahngesehen undt lieb zu sein. Den
St Huberts-tag muß man jagen. Dießer tag hatt mich vor dießem
hertzlich erfreyet, nun feyere ich ihn nicht mehr mitt jagen, habe
der jagt; auch in caleschen, gantz abgesagt, frage nichts mehr
darnach, alß wen ich mein leben nicht gejagt,
[3] habe doch dieß
handtwerck 40 jahr lang geführt 2 mahl die woch, auch offt mehr.
Aber so gehts; nichts ist bestandig in der welt. Nichts ist
verdrießlicher, alß die interuptionen, wen man zu schreiben hatt; mich
machts recht ungeduldig. Ich bitte, schickt mir die allerneüeste
durchleüchtigste welt undt auch ein callendergen wie vorm jahr, wo
alle gebuhrten in stehen! Daß nehm ich zum geschenck ahn; aber
die durchleüchtigste welt müst Ihr mir schreiben, waß sie kost, die
will ich bezahlen. Dem dumherren Veningen habe durch seine
tante Lenor den brieff geschickt. Ich thue gern gefallen, liebe
Louisse, wo ich kan. Alle der fraw von Rotzenhaussen brieff schickt
man mir; ihr würdt es viel kosten undt mir kost es gar nichts,
den [ich] bezahle kein postgelt, habe die post frey wegen meines
rangs. Hiemitt ist Ewer liebes schreiben vollig beantwortet, will
mein paquet erst dießen abendt machen undt Eüch nur mitt zwey
wortten sagen, wie ich mich von mein[e]r aderläß befinde. Bißher
haben wir gantz undt gar nichts neües, werde also nur mitt dem
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alten schließen, nehmblich daß ich Eüch, liebe Louise, von hertzen
lieb behalte, so lang ich lebe.
Sontag, umb halb 7 abendts.
Mein aderläß ist woll abgangen, aber mein bludt hatt ein wenig
mühe gehabt, sich zu stillen. Wie ich umb 4 in der kirch war, ist
mir mein bludt ahngangen. Man hatt den balbirer nicht gleich
gefunden, habe woll noch 2 gutte balletten verlohren; daß macht mich
erschrecklich matt, werde mich beßer vorsehen.