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Brief vom 19. Januar 1719

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


986.


[011]
Paris den 19 Januari 1719 (N. 47).
Hertzallerliebe Louisse, vorgestern abendts habe Eüer paquet sambt dem vom baron Goertz zu recht entpfangen. Hirbey schicke ich die andtwort ahn ihm; den es ist billig, daß die accordirte andtwort durch Eüch, liebe Louisse, geht. Ich dancke Eüch sehr vor alle gutte wünsche, womitt Ihr Ewer schreiben von no 1 undt 3ten dießes monts wider ahnfangt, wünsche Eüch hergegen alles, waß Ewer hertz begehrt. Aber Eüer wunsch, liebe Louise, vor meine gesundtheit ist nicht volbracht; den ich bin seyder vergangen sontag so erschrecklich mitt husten undt schnupen geplagt, daß ich weder nacht noch tag ruhe habe; habe dieße nacht ohne auffhören vom mitternacht biß umb 5 morgens gehust undt umb 7 wider ahngefangen, dieße heßlich mussiq zu führen, habe nicht mehr im bett dawern können, bin umb 8 auffgestanden. Aber nun muß ich eine pausse machen.
Donnerstag umb 10 abendts.
Waß man hir le diable au contretemps heist, daß hatt mich [012] heütte woll verfolgt; den nun ich die cammer halte undt en menteau bin, kommen alle damen hergeloffen, wozu sie sich nicht resolviren können, wen ich im grand habit bin; den sie seindt nicht mehr gewondt, geschnurdt zu sein. Es ist überall ein doll leben; aber wen ich davon reden wolte, daß würde mich zu weit führen, will nur in eyll sagen, daß, wie ich eben die feder genohmen undt gehofft, Eüch einen großen brieff zu schreiben, ist meiner dochter courier komen undt hatt mir gesagt, daß er morgen wider weg würde, habe also ahn den hertzog undt mein dochter schreiben müßen, habe 12 bogen ahn mein dochter undt 6 ahm hertzog geschrieben, welches alleweill erst zum endt gangen. In gesundtheit bring ich jetzt meine zeit gar nicht zu, wie ich Eüch heütte morgen schon gesagt habe. Ich habe Eüch alles geschrieben, liebe Louise, wie es hir zugeht; drumb sag ich jetzt nichts davon, den es ist nichts neües vorgangen seyder sontag. Daß der duc de Bourbon mitt im spiel sein solle, ist gar nicht war; mein sohn undt er seindt gutte freündt. Es war zeit, daß die verrahterey endtdect worden; den 4 tag hernach solte alles außbrechen. Ich weiß nicht, wie es kompt, daß Ihr mein schreiben nicht endtpfangen habt; den ich habe kein eintzige post verfehlt undt werde keine fehlen, entwetter wenig oder viel, ich müste den lahm oder todt sein. Ich weiß nicht, wen ich ein augenblick finden kan, den graff Degenfelt vor sein vertrawen zu dancken, mich zu gefatter gebetten zu haben. Heütte ist es ohnmoglich, wie Ihr segt[1]; kan Eüch kaum schreiben. Macht ihm doch meine entschuldigung undt seydt versichert, daß ich Eüch allezeit von hertzen lieb behalte! Hirbey kompt die andtwort ahn baron Goertz. Adieu! Ich ambrassire Eüch von hertzen.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 19. Januar 1719 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 4 (1877), S. 11–12
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d04b0986.html
Änderungsstand:
Tintenfass