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Brief vom 7. Mai 1719

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


1016.


[111]
St Clou den 7 May 1719, umb 6 morgendts (N. 83).
Hertzallerliebe Louise, seyder vergangenen donnerstag habe ich nichts von Eüch entpfangen; aber es ist noch frühe, wie Ihr segt, mein ordinarie courier ist noch nicht von Paris kommen, mögte mir woll Ewer paquet dießen nachmittag bringen. Ihr werdet finden, daß ich frühe auffstehe; den ich habe schon mein morgengebett verricht; allein ich gehe auch gar früh schlaffen, war gestern umb 9 uhr in mein bett. Ich fünde mich ein wenig matt, hatt morgendts umb 3/4 auff 9 zur ader gelaßen, 3 kleine paletten, bey 10 ontzen. Es war recht schön bludt. Die fraw von Rotzenhaussen hatt gestern auch ader gelaßen, hette sich aber schir verlähmbt; den sie hatt abscheülich gezuckt; zu allem glück hatt ihr jemandt den arm gehalten, sonsten were es übel hergangen. Vor der aderläß habe ich geschrieben, aber seyderdem nichts gethan, alß küpfferstück [ansehen], deren ich eine große menge undt gar schönne habe; ich liebe sie sehr. Ich habe dieße nacht recht ruhig undt woll geschlaffen, fühle doch noch ein wenig mattigkeit. Aber ordinarie wen ich aderlaße, bin ich 3 wochen, ohne wieder zu meinen naturlichen kräfften zu kommen. Ich habe, seytter ich Eüch letztmahl geschrieben, gar nichts neües vernohmen. Ich habe in acht genohmen, daß, wen man so lang ist, ohne waß neües zu erfahren, kommen hernach die zeittungen heüffig auff einmahl. Gott gebe, [112] daß die, so kommen, gutt sein mögen, welches nicht allemahl ist, leyder! Nun will ich eine pausse machen undt meine überige briffe schreiben, so ich noch zu schreiben habe. Dießen abendt nach der spatzierfahrt werde ich dießen brieff außschreiben.
Sontag, den 7 May, umb ein viertel auff 10 abendts.
Meine intention war, hertzliebe Louisse, gleich nach dem eßen Eüch wieder zu schreiben, undt noch desto, daß ich, wie ich eben ahn taffel war, habe ich Ewer liebes schreiben von 25 April, no 33, entpfangen sampt den 3 schönnen silbern medaille, 2 von Schweden undt eines von der seeschlagt, wovor ich von hertzen danke. Werde sie biß mitwog, wilß gott, placiren. Wie ich in meine cammer von taffel kommen, ist mir ein courier von meiner dochter mitt einen brieff von 14 oder 15 bogen [gekommen], worauff ich habe antwortten müßen, in kirch gehen. Bin hernach bey dem so gar schönnen wetter ein wenig in gartten gefahr[e]n. Wie ich widerkommen, ist der printz von Darmstat kommen, abschiedt nehmen, habe meiner dochter brieff außschreiben wollen. Allein madame la duchesse d’Orléans ist herkommen undt hatt ein biriby-spiel gebracht undt hir gespilt. Ich habe 3 louisdor verspilt, daß ein gar leydtlicher verlust ist. Aber daß hatt mir alle meine zeit genohmen, muß wider meinen willen enden; nur noch sagen, daß ich vergeßen, zu melden, daß [ich] Ewer liebes schreiben von 25 April erst die ander post werde beantwortten können. Gutte nacht, liebe Louisse! Ich bin matt von meiner aderlaß undt es ist spat, kan also nichts mehr sagen, alß daß ich allezeit, in welchem standt ich auch sein mag, Eüch von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 7. Mai 1719 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 4 (1877), S. 111–112
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d04b1016.html
Änderungsstand:
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