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Brief vom 18. April 1720

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


1114.


[118]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckforth.

Paris den 18 April 1720, umb 8 abendts (N. 85).
Hertzallerliebe Louise, ich bin heütte morgen umb halb 1 von hir nach Bagnolet zu madame la duchesse d’Orléans, wo ich braff spatzirt, daß ich so müde bin worden, daß ich nach dem eßen im vollen spiel vom biriby entschlaffen bin. Umb halb 7 bin [ich] wieder von Bagnolet, undt weillen ich der großhertzogin versprochen, heütte zu ihr zu kommen, undt es mein weg ist, so bin ich zu der großhertzogin, wo ich alleweill herkomme undt finde Ewer paquet auff mein[e]r taffel, liebe Louisse, sambst[1] Ewer liebes schreiben vom 6 April, no 28. Danke Eüch von hertzen vor die zwey artige callend[e]rger undt zahnstöcher-bücksger[2]; seindt über die maßen woll gearbeit. Ahnstatt drüber zu lachen, hatt man die arbeyt undt invention admirirt. Ich werde es gar gewiß daß überige gantze jahr im sack tragen. Ich habe es nicht von nöhten, umb mich ahn Eüch, liebe Louise, zu gedencken machen; aber ich versichere Eüch, daß ich mein[e] callenderger nicht werde ahnsehen, ohne ahn Eüch zu gedencken. Von der carwoch will ich nichts mehr sagen; die ist, gott lob, vorbey. My[lord] Straffort[3] ist vor seine eygene affairen herkommen, habe ihn seyderdem nicht wider hir gesehen, aber zweymahl auff der gaß begegnet. Sein gesicht bringt ein wenig [119] falschheit mitt. Mich deücht, es seye zimbli[c]h gemein bey den Engländern. Mylord Stair[s] solle dieße kunst auch braff können. Unßer s. liebe churfürstin undt I. G. s. der churfürst, unß[er] herr vatter, haben die Englander vor perfect gehalten; daß seindt sie nicht, sondern woll so voller fehler, alß andere leütte. Die gräffin von Warttenberg ist ohne vergleichung wie eine leüffende hündin; sie leüfft alles nach, waß nur mansfigur hatt, hatt hir schlechten ruhm nach sich gelaßen. Die Englander verheürahten sich ebenso doll, alß die Frantzoßen, alß ich durch mylord Staffords heüraht sehe; aber sie solle eine gutte, ehrliche fraw sein undt ihren man hertzlich lieb haben. Habt Ihr schon vergeßen, liebe Louisse, daß alle chargen hir in Franckreich, große undt kleine, müßen gekaufft werden? Also kan man nicht leicht die … Meine sach ist, gottlob, zum endt. Morgen wirdt der chevalier d’honneur undt premier escuyer ihren aydt ablegen, daß kost auch gelt; den es ist eine gerechtigkeit drauff vor die erste cammerfraw, so daß küßen geben muß, worauff sie knien, umb den aydt abzulegen.[4] Ich muß, so lang man den aydt lest[5], ihre beyde hande in die meine halten; camerdinn[e]r undt hu[i]ssie[r]s haben auch ein recht drauff. Ein andermahl werde ich von unßer lieben printzes von Wallis reden, nun aber, da es schon spät ist, nichts mehr sagen, alß daß ich Euch adieu von Paris sagen werde; den übermorgen gehe ich, so es gottes will ist, nach St Clou[6], umb dort zu mittag zu eßen, umb den gantzen sommer dort zu bleiben. Wo ich aber auch sein mag, werde ich Eüch, liebe Louise, von hertzen lieb haben.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 18. April 1720 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 5 (1879), S. 118–119
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d05b1114.html
Änderungsstand:
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