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A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
St Clou den 6 Juni 1720 (N. 98).
Hertzallerliebe Louise, gestern fuhr ich nach Paris. Wie ich
eben auß der commedie ging, gab man mir Ewer paquet, konte es
erst hir auffmachen undt leßen, fandt 2 schönne medaille[n] von den
schwedischen königen, wovor ich Eüch von hertzen dancke; habt
mir einen rechten gefallen hirin gethan. Ich fürchte aber, daß es
Eüch gar viel gekost hatt, liebe Louise! Ich kan Eüch nun nicht
offriren, Eüch gelt davor zu schicken; den ich habe keines mehr.
Man bringt mir mein spielgelt oder menus plaisir in lautter billiet
de banque, halb mitt billet de cent franc undt halb mitt billiet de
10 franc. Glaube nicht, daß dieße verfluchte billiet in
Teütschlandt gelten, aber hir kan man seine schulden woll bezahlen; sonsten
würde ich Eüch auch gebetten haben, mir eine medaille suchen zu
laßen vom churprintz von Saxsen, so in seinem beylager gepregt
solle geworden sein. Biß ich wider recht gelt bekomme, begehre
ich es nicht. Es ist mir lieb, liebe Louise, daß meine schreiben
Eüch nicht mißfahlen. Hette ich nicht letztmahl geschwindt die
handt auff Ewer liebes schreiben vom 21 May, no 41, gelegt, hette
man mirs vergangenen sontag auch gebrendt; darauff seindt meine
leütte gar fix, wen ich nicht gar genau acht drauff habe. Ich muß
ja woll zörnen, wen meine leutte sottissen thun, damitt es nicht
mehr geschicht. Heütte habe ich ahn taffel meine pagen braff
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gefiltzt; die hexen-kinder haben auff ein[e]r mauer geloffen, so halb so
hoch wie daß schloß ist. Einer von ihnen, so Du Moutié
[1] heist, ist
herunder gefahlen undt hatt sich schir todt gefahlen; man hatt ihn
2mahl müßen zur ader laßen. Er hatt doch, gott lob, nichts
zerbrochen; hoffe also, daß er nicht sterben wirdt. Heütte ist ein
verdrießlicher tag; erstlich so habe ich zwey brieff ahn zwey
königinen schreiben müßen, eine[n] ahn die von Schweden. Daß hatt
mir ahm meisten mühe gekost, bin gar offt interompirt wollen
[2],
habe nunder in die capel gemüst, die procession entpfangen undt
durch den gantzen hoff bekleyden. Hernach, wie ich wider haben
schreiben wollen, habe ich eine vissitte von der printzes von
Auverngne
[3] bekommen, die mitt unß geßen hatt undt den gantzen
nachmittag biß nach dem salut dageblieben; hernach bin ich
spatziren gefahren, warm, der regen hatt unß auß dem gartten
getrieben. Wie ich herkommen, hab ich ahn die königin von Preüssen
geantwortet, ahn pere Linière
[4]. Morgen werden die freüllen von
Coedern herkomen, werde ihnen Ewer schreiben geben. Ihr habt
gar gutt frantzösch geschrieben; wen Ihr es so woll rett, alß schreibt,
ist nichts zu sagen. Ich muß schließen, den es schlegt 11 uhr.
Gutte nacht! Ein andermahl will ich es beßer machen, nun nur in
eyll sagen, daß ich Eüch von hertzen lieb behalte.