Seitenbanner

Brief vom 28. Juli 1720

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


1143.


[218]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckforth.

St Clou den 28 Julli 1720 (N. 13).
Hertzallerliebe Louise, es ist eine hitze, daß ein[e]r verschmeltzen mögte. Ich habe doch schon 4 brieff geschrieben, 16 bogen ahn [219] unßere printzes von Wallis durch der gräffin von der Buckenburg ihren herrn sohn, der morgen wider nach Englandt geht; hernach habe ich zwey br[iefe] ahn die königin von Spanien undt mein dochter geschrieben durch die printzen von Saxsen Gotha undt einen ahn baron Görtz durch die post undt ich habe noch ahn mein dochter, ahn madame de Ludre[s] undt monsieur Harling zu schreiben. Nach der ordenung solte ich jetzt auff Ewer liebes schreiben von 13, no 54, andtwortten; aber weillen es schon spät ist undt Ewer liebes schreiben vom 16, no 55, so ich dießen abendt entpfangen, kürtzer ist, als daß erste, so werde ich dießes dießen abendt unterfangen. Ich kan nicht begreiffen, wie es kompt, daß Ihr meinen brieff nicht entpfangen habt, liebe Louisse! Den ich kan Eüch schwehren, daß ich keine e[i]ntzige post verfehlt; Lenor ist mein zeüg, den sie macht meine paquetten. Mein brieff wirdt gar gewiß irgendts ligen blieben sein. Mich deücht aber doch, daß keine verlohren werden; hoffe also, mitt der donn[e]rstagigen post zu vernehmen, daß es wider gefunden ist. Ich will Eüch eine kleine kunst lernen, so man mir hir gelernt hatt undt welches gar sicher ist, umb keinen bößen finger mehr zu bekommen. Wen Ihr Eüch ein andermahl in den finger stecht, so schneydt ein wenig von denselben finger, so gestochen, den nagel ab undt thut den finger hinder daß ohr, wo er gestochen worden undt reibts ein wenig! so, versichere ich Eüch, wirdt nie kein geschwer drauß werden[1]. Ihr soltet jemands die commission geben haben, in Ewerm nahmen zu schreiben, undt es nur unterschreiben; den ich fürchte sehr, daß Ihr mitt Ewerm bößen finger zu viel geschrieben habt. Solte mir woll hertzlich leydt sein, liebe Louise, wen es Eüch schaden solte undt ich schuldig dran sein. Ich verlange sehr, wieder zeitung von Eüch zu haben. Wen man will, kan man gar leicht mitt der lincken handt schreiben lehrnen; es geht zwar ahnfangs gar langsam her, aber zuletzt gewohnt man[2]. Wie ich meinen arm außeinander gefahlen, schriebe ich selbigen abendt noch mitt meiner lincken handt ahn unßere liebe churfürstin. Es ist aber leichter, frantzösch, alß teütsch, zu sterben[3]. Franckfort ist dem fewer abscheülich unterworffen; doch ist es dießmahl noch woll abgangen. [220] Man kan aber sich nicht genung vor fewer hütten. Daß arme pferdt jammert mich, so verbrendt ist. Es ist mir leydt, daß Ihr, liebe Louise, so einen großen schrecken gehabt habt; den daß ist sehr ungesundt. Brieff kont Ihr woll offt von mir haben, liebe Louisse, aber erwahrt nichts erfreülliches, müst Ihr nicht erwahrten. Ich bin fro, daß die churprintzes von Saxsen nicht blessirt ist. Man hatt mir so viel guts von ihr geschrieben undt ich habe die liebe keyßerin Amelie so lieb, daß ich der churprintzeßen alles guts wünsche. Adieu, hertzliebe Louise! Ich ambrassire Eüch von hertzen undt versichere Eüch, daß ich Eüch von hertzen lieb behalte.
Impressum
Datenschutz
KontaktPost
Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 28. Juli 1720 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 5 (1879), S. 218–220
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d05b1143.html
Änderungsstand:
Tintenfass