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Brief vom 1. August 1720

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


1144.


[220]
St Clou den 1 Augusti 1720 (N. 14).
Hertzallerliebste Louise, vergangen sontag hab ich auff Ewer letztes schreiben vom 16, no 55, geantwortet. Nun werde ich daß vom 13 Julli, no 54, beantwortten. Ich hatte gehofft, heütte auffs wenigst auff zwey von Ewern lieben schreiben zu andtwortten; aber daß werde ich heütte leyder nicht thun können, den es ist mir heütte ein courier von Lotteringen gekommen, mit welchem ich wider auff einen großen brieff von meiner dochter andtwortten [muß]. Da bringt man mir in dießem augenblick Ewer liebes schreiben vom 20 Julli, no 56, daß muß auch vor ein andermahl verspart werden. Ich kan nicht begreiffen, wo mein brieff no 7 muß hinkommen sein; es ist doch gar gewiß, daß ich ihn den sontag, 7 Julli, geschrieben hatte. Ich hoffe alß, er wirdt noch nachkommen; den ich kan nicht begreiffen, warumb man Eüch dießes eher auffhalten solte, alß die andern. Weitter werde ich nichts hirauff sagen. Dieße woche seindt mir so abscheülich sagen[1] zugestoßen, daß außer vergangen sambstag nie vor 11 oder halb 12 habe können nach bett gehen; den ich habe gar viel zu thun gehabt. Madame Dangeau ist delicat, also kein wunder, daß sie baldt mager wirdt. Ihr fraw schwester ist vielleicht nicht so delicat, alß sie. Ich finde die leütte glücklich, so noch gehen können. Wen ich eine stunde gangen, kan ich ohnmöglich weytter; daß macht mich trawerig, ist [221] wie ein todt. Ich bilde mir ein, daß der zweytte printz von Sultzbach der ist, den wir hir [gehabt haben; er] ist ein gutter undt schöner her, aber der schlaueste nicht; er gleicht sehr ahn mademoiselle de Clermont. Mein gott, wen der printz von Rheinfelß nicht geendert ist, seyder ich ihn zu Fontainebleau mitt seinem herrn vatter [gesehen], kan sich die printzes von Sultzbach woll berühmen, einen recht abgeschmackten herrn bekommen zu haben undt widerlich in allen seinen maniren[2]; sie jamert mich recht. Die printz[es] von Sultzbach ist gewiß nicht, die den printzen von Rheinfels … Daß wuste ich nicht, daß man in zweyen stiffter zugleich stifftfreüllen sein kan. Wie Ihr dieße printzes von Sultzbach beschreibt, bilde ich mir ein, daß sie unßer printzes von Modene gleicht; den die hatt auch schöne haut, schönne augen, aber ein habichsnaß, so alles verderbt. Der printz ist daß beste kindt von der welt. Ich dancke Eüch, liebe Louisse, nochmahlen vor die schönne undt woll gepregte medaille; übermorgen werde ich sie placiren. Ich fürchte, Ihr werdt Eüch ruiniren mitt Ewer liberallitet, undt es were mir hertzlich leydt, wen ich schuldt dran sein solte, liebe Louise! Aber da leütt man ins gebett, werde betten gehen undt den ein wenig frisch lufft schöpffen.
Wie ich von der promenaden kommen, wo ich der printzes von Wallis undt Ewer liebes schreiben, so ich dießen nachmittag bekommen, geleße[n]; wie ich aber wider in mein cammer kommen, habe ich madame la princesse undt mademoiselle de Clermont hir gefunden, die haben mich biß jetzt auffgehalten, da es eben halb 9 schlegt. Ich will Eüch doch noch biß 9 entreteniren. Es were mir doch leydt geweßen, wen dem churprintzen von Saxsen ein größer unglück geschehen were, alß der todt seines pferdt. Es ist doch ein recht glück, daß I. L. so woll davon kommen sein undt seine gemahlin nicht blessirt ist, wie man es vermeint. Daß seindt zwey glück auff einmahl. Es ist woll ein groß unglück, wen man mitt boßhafftige narren zu thun hatt, wie der hertzog von Morsburg[3] ist. Es ist kein großer verlust, wen ein klein printzesgen stirbt, undt findt, daß es ein dopelter profit ist, wen daß den frieden bey den eltern setzen kan. Aber da schlegt es 9. Ewer liebes schreiben ist doch in aller eyll beantwortet; bleibt mir nichts mehr [222] überig vor dießen abendt, alß Eüch zu versichern, daß ich Eüch von hertzen lieb behalte, liebe Louise!
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 1. August 1720 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 5 (1879), S. 220–222
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d05b1144.html
Änderungsstand:
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