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St Clou, sambstag, den 16 November 1720 (N. 44).
Hertzallerliebe Louise, Ihr werdet auß meinem vorgesterigen
schreiben ersehen haben, wie ich ohnmöglich selbigen tag habe auff
Ewer liebes schreiben völlig andtwortten können. Gott gebe, daß
ich heütte viel möge schreiben können! Aber da kompt mir schon
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eine verhindernuß; der pere de Ligniere
[1], mein beichtsvatter, kompt
herein undt bringt mir eine andtwort auff einen brieff, so ich ihn
in Flandern habe schreiben machen. Der pere de Ligniere hatt
mich eine gutte stundt auff[gehalten]; daß kompt mir desto mehr
zur unpaß, indem ich heütte morgen andterthalb stundt bin spätter
auffgestanden, alß ordinarie; den ich bin gestern abendts spätter
schlaffen gangen, alß ordinarie, undt erst umb halb 12 nach bett,
da ich doch gar offt vor 10 nach bett gehe. Meine brieffe, liebe
Louise, können kleiner oder größer werden, nachdem es die
gelegenheit gibt; aber keine post wirdt ohne ein schreiben ahn Eüch
fortgehen. Daß seydt versichert, liebe Louisse, so lang ich leben
werde, nicht blindt sein undt die finger rühren können
[2]! Ich komme
jetzt, liebe Louisse, auff Ewer liebes schreiben vom 2 dießes monts,
so ich vorgestern ahngefangen hatte zu beantwortten undt ahm 9
blatt, seytte wolte ich sagen, geblieben ware. Ihr habt woll recht,
liebe Louise, eher zu [wünschen], daß Ewer neveu undt niepcen
gesundt bleiben mögen, alß viel gewinen. Ich findte dießen gewinst
vor kauffleütte gutt, aber vor fürsten, graffen undt leütte von
qualitet deücht es mir ein[e] schlegte sach zu sein undt gar nichts
lobliches. In dießem augenblick schickt mir der marechal de Villeroy
einen escuyer mitt einem brieff. Der könig ist gestern abendts
nach der jagt auff der stieg gefallen, hatt ein blau aug davon
getragen, befindt sich doch sonsten woll undt hatt 9 gutter stundt
geschlaffen. Gott erhalte ihn! Ich habe andtwortten müßen, daß hatt
mich wider auffgehalten; muß nun die große pausse machen. Le
diable au contretemps hatt woll sein spiel heütte, liebe Louisse!
Daß kan mich recht verdrießen. Wie ich Eüch wider habe
schreiben [wollen], alß ich von Madrit kommen bin eben nach dem
abendtgebett, ist mir ein courier kommen von unßer abtißin von Chelle[s],
hernach ein brieff von madame Dangeau undt einen von marechal
de Villeroy, habe auff alle 3 nohtwendig andtwortten müßen. Drumb
fang ich so spät ahn, wider zu schreiben. Es ist ein widerliches
wetter, alle menschen bekommen husten undt schnupen; ich fühle,
daß es mir heütte auch ahnkompt. Ordinairie wehrt es gar lang
bey mir, aber man muß woll gedult haben undt wollen, waß gott
will. Ich komme wider auff Ewer liebes schreiben. Ich habe so
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ein schlim gedächtnuß, daß ich mich nicht mehr erinere, daß Ihr
mir geschrieben, daß Ihr einmahl 100/m. rth. verlohren habt. Es
ist eine langweillige sach, überall lamantiren zu hören wie nun;
daß macht einen gantz trawerig. Ihr sagt, liebe Louise, waß
endtlich auß der welt werden wirdt. Ich habe eine prophezeyung
gesehen, so von Genua solle gekommen [sein], worinen stehet, daß die
weldt anno 1727 gantz vergehen undt zu cristal werden solle; daß
hatt mich lachen gemacht. Mich lustig undt vergnügt zu machen,
ist keine leichte sache; erstlich so müste alles so endern, daß ich
nichts mehr vor meinen armen sohn müste zu fürchten haben, sicher
sein [könnte], daß ich nie noht werde leyden müßen, undt noch
viel detail, so zu lang zu sagen werden
[3]. Aber, liebe Louise, ich
gedencke ahn nichts mehr, alß baldt in jene welt zu reißen, welches
ich ohne regret [thun werde]; wolte nur, daß es baldt geschehen
were
[4]; den ich fürchte sonst, noch viel hertzenleydt zu erleben.
Ich weiß nicht mehr, von wem ich Eüch ein liedt geschickt. Ist
es nicht vom ertzbischoff von Cambray
[5]? Wens von dem ist, kan
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ich Eüch mitt warheit versichern, daß kein falscher
[6] ertzschelm
undt
[7] gantz Franckreich ist, alß dießer
[8]. Waß mich verdriest,
ist, daß ihn mein sohn so woll kendt, alß ich, undt doch dem
kleinen teüffel allein ahnhört undt glaubt; daß ist verdrießlich. Die
fraw von Ratzamshaussen ist freyllich noch hir. Ich habe ihr Ewer
paquet geben; sie hatt alle brieff von den gefangen[en]. Woll alle
gefangene seindt lengst loß, nur ein eintziger ist in der gefangnuß
wegen schulden geblieben. Schicken sie andtwort, werdt Ihr biß
donnerstag … Ich sage nichts mehr von der post; den Ihr
werdet nun schon auß meinen schreiben ersehen haben, wie daß
ich 3 der Ewerigen auff [einmahl] entpfangen. Da schlegt es zehn
undt monsieur Therey treibt mich nach bett, kan in eyll nichts mehr
sagen, alß daß ich Eüch von hertzen lieb behalte.