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Brief vom 28. Dezember 1720

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


1187.


[376]
Paris den 28 December 1720 (N. 56).
Hertzallerliebe Louise, ich komme heütte wider auff [Euer] liebes schreiben von 7, no 96, wo ich vorgestern geblieben war, nehmblich ahm 9ten blatt, wo Ihr mir verzehlt, wie gnädig der könig in Schweden Ewer compliment ahngenohmen. Alle menschen loben dießen könig wegen seiner gutte undt sanfftmuht. Wie kömpts, daß Ewer vetter, der herr von Degenfelt, nicht bey dem könig in Schweden bleibt, da er so in gnaden ist? Wollen die Schweden vielleicht keine frembten leyden? Ich gestehe, ich höre nicht gern, wen cadetten[1] von fürstlichen heüßern sich heürahten; den daß macht alß abgetheilte herrn undt bludtsarme fürsten. Ein wunderlich pressent deücht mich ein indianischen printz undt printzessin; [377] mich deücht, der landtgraff thäte woll, sie zu rantzonniren[2] undt wider nach hauß zu schicken. Weillen sie so mitt allerhandt farben bestrigen[3], sein, müßen es wilden undt Americaner sein. Aber unter denen seindt nie weder fürsten, noch edelleütte; alles ist gleich unter ihnen, außer die sie in krieg führen; denen gehorchen sie nur, so lang der krieg werdt[4], hernach werden sie wider wie die andern. Es kommen gar offt von den wilden her, also weiß ich gar woll, wie es bey den Americanern hergeht. Ich habe eine cammerfraw, so einen frantzöschen edelman geheüraht, so Longeuil[5] heist, der seine gütter in Canada hatt undt in königlichen dinsten dort ist. Sie undt 2 von ihren schwestern, so nun alle todt sein, wahren von meinen cammerfrawen; ihr vatter undt ihr elster bruder wahren meine apotecker. Die ist vor 23 jahren hir geweßen, die hatt mir all deren wilden ihr leben verzehlt; also weiß ich es gar perfect undt mich konte[6] kein schiffcaptein nichts weiß machen. Ich habe heütte ein schreiben vom baron Görtz entpfangen; der confirmirt mir auch die gutte gesundtheit vom artigen printz Friderich. Es ist kein wunder, daß er viel vivacitet hatt; man kan nicht mehr vivacitet haben, alß I. L. die printzes von Wallis hatt, seine fraw mutter. Seine andtwort ahn dem bereytter findt ich recht artig. Es ist schon lange jahr[e]n, daß I. G. unßer herr vatter, der churfürst s., gesagt, daß daß geschlegt von den gutten hoffmeister undt hoffmeisterin[e]n gantz außgestorben seye[7]. Daß kam mir auch gar frembt vor, daß ein[e] reichsgräffin nicht mitt Eüch undt nur mitt camermedger eßen solte; bin fro, daß ich übel geleßen habe[8]. Die artige[n] kleine[n] müntz[en], so Ihr mir, liebe Louise, geschickt undt wovor ich nochmahl dancke, seindt alte schwedische müntzen. Wen Ihr nur 2 pferdt habt, wie macht Ihr es den, Louise, wen Ihr in die Pfaltz, nach dem Schlangenbaadt, oder nach Eweren güttgen reist? So geht es allezeit; die, so nicht karg se[i]n undt gern geben, habens nicht, undt die, so reich sein, werden karg undt geben ungern. Ich glaube nicht, daß auß graff Carl von Nassau Wei[l]burgs heüraht waß wirdt; den ordinarie, wen heürahten so auffgeschoben werden, wirdt nichts drauß. Daß erinert mich ahn [378] die lieb vom graff von Nassau Ussingen mitt ma tante, die printzes Lisbet von Hessen Cassel[9]. Ich hatte gehofft, noch auff eines von Ewern lieben schreiben zu antwortten können, liebe Louise! Aber es wirdt gleich 10 schlagen. Gleich nach dem eßen bin ich au Val-de-Grâce, so weitt von hir ist, von dar zu den princessinen von Conti, hernach in die ittalliensche commedie. Nach der commedie habe ich mitt meinem sohn zu sprechen gehabt. Daß alles hatt mich bißher geführt, liebe Louise! Also muß ich Ewere andere zwey liebe schreiben vom 10 undt 14, no 97 undt 98, vor ein andermahl sparen, kan vor dießmahl unmöglich mehr sagen, alß wie daß ich Euch allzeit von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 28. Dezember 1720 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 5 (1879), S. 376–378
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d05b1187.html
Änderungsstand:
Tintenfass