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Paris den 28 December 1720 (N. 56).
Hertzallerliebe Louise, ich komme heütte wider auff [Euer]
liebes schreiben von 7, no 96, wo ich vorgestern geblieben war,
nehmblich ahm 9ten blatt, wo Ihr mir verzehlt, wie gnädig der
könig in Schweden Ewer compliment ahngenohmen. Alle menschen
loben dießen könig wegen seiner gutte undt sanfftmuht. Wie kömpts,
daß Ewer vetter, der herr von Degenfelt, nicht bey dem könig in
Schweden bleibt, da er so in gnaden ist? Wollen die Schweden
vielleicht keine frembten leyden? Ich gestehe, ich höre nicht gern,
wen cadetten
[1] von fürstlichen heüßern sich heürahten; den daß
macht alß abgetheilte herrn undt bludtsarme fürsten. Ein
wunderlich pressent deücht mich ein indianischen printz undt printzessin;
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mich deücht, der landtgraff thäte woll, sie zu rantzonniren
[2] undt
wider nach hauß zu schicken. Weillen sie so mitt allerhandt farben
bestrigen
[3], sein, müßen es wilden undt Americaner sein. Aber unter
denen seindt nie weder fürsten, noch edelleütte; alles ist gleich
unter ihnen, außer die sie in krieg führen; denen gehorchen sie
nur, so lang der krieg werdt
[4], hernach werden sie wider wie die
andern. Es kommen gar offt von den wilden her, also weiß ich
gar woll, wie es bey den Americanern hergeht. Ich habe eine
cammerfraw, so einen frantzöschen edelman geheüraht, so Longeuil
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heist, der seine gütter in Canada hatt undt in königlichen dinsten
dort ist. Sie undt 2 von ihren schwestern, so nun alle todt sein,
wahren von meinen cammerfrawen; ihr vatter undt ihr elster
bruder wahren meine apotecker. Die ist vor 23 jahren hir geweßen,
die hatt mir all deren wilden ihr leben verzehlt; also weiß ich es gar
perfect undt mich konte
[6] kein schiffcaptein nichts weiß machen.
Ich habe heütte ein schreiben vom baron Görtz entpfangen; der
confirmirt mir auch die gutte gesundtheit vom artigen printz
Friderich. Es ist kein wunder, daß er viel vivacitet hatt; man kan
nicht mehr vivacitet haben, alß I. L. die printzes von Wallis hatt,
seine fraw mutter. Seine andtwort ahn dem bereytter findt ich
recht artig. Es ist schon lange jahr[e]n, daß I. G. unßer herr
vatter, der churfürst s., gesagt, daß daß geschlegt von den gutten
hoffmeister undt hoffmeisterin[e]n gantz außgestorben seye
[7]. Daß kam
mir auch gar frembt vor, daß ein[e] reichsgräffin nicht mitt Eüch undt
nur mitt camermedger eßen solte; bin fro, daß ich übel geleßen
habe
[8]. Die artige[n] kleine[n] müntz[en], so Ihr mir, liebe Louise,
geschickt undt wovor ich nochmahl dancke, seindt alte schwedische
müntzen. Wen Ihr nur 2 pferdt habt, wie macht Ihr es den, Louise,
wen Ihr in die Pfaltz, nach dem Schlangenbaadt, oder nach Eweren
güttgen reist? So geht es allezeit; die, so nicht karg se[i]n undt
gern geben, habens nicht, undt die, so reich sein, werden karg undt
geben ungern. Ich glaube nicht, daß auß graff Carl von Nassau
Wei[l]burgs heüraht waß wirdt; den ordinarie, wen heürahten so
auffgeschoben werden, wirdt nichts drauß. Daß erinert mich ahn
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die lieb vom graff von Nassau Ussingen mitt ma tante, die printzes
Lisbet von Hessen Cassel
[9]. Ich hatte gehofft, noch auff eines von
Ewern lieben schreiben zu antwortten können, liebe Louise! Aber
es wirdt gleich 10 schlagen. Gleich nach dem eßen bin ich au
Val-de-Grâce, so weitt von hir ist, von dar zu den princessinen von
Conti, hernach in die ittalliensche commedie. Nach der commedie
habe ich mitt meinem sohn zu sprechen gehabt. Daß alles hatt
mich bißher geführt, liebe Louise! Also muß ich Ewere andere
zwey liebe schreiben vom 10 undt 14, no 97 undt 98, vor ein
andermahl sparen, kan vor dießmahl unmöglich mehr sagen, alß wie daß
ich Euch allzeit von hertzen lieb behalte.