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A madame Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckforth.
Paris den 2 Januari 1721 (N. 57).
Hertzallerliebe Louise, seyder 4 tagen habe ich 3 von Ewern
lieben schreiben entpfangen, vorgestern 2 auff einmahl vom 14 undt
17 December, no 98 undt 99, undt vorher hatt ich schon einen
entpfangen von 10, no 97. Aber ich glaube, ich habe Eüch schon
gesagt, daß ich dießes erste entpfangen hatte. Ehe ich meine
andtwordt ahnfange, will ich Eüch, hertzliebe Louise, erst ein
glückseeliges neües jahr sambt volligen vergnügen wünschen undt daß
woll auß hertzens-grundt. Aber dießen abendt werde ich woll
meinen brieff nicht auß[s]chreiben; den da kompt mein sohn herrein undt
es schlegt 9, will doch noch biß umb 10 schreiben. Mein gott, wie
habe ich gestern ein qual außgestanden! In ewiger zeit bin ich
nicht müder gewest; den wen hertzogen oder fürsten herrein
kommen, muß ich auffstehen undt wider niedersitzen, undt meine knie
krachen wie ein alter karch
[1] undt thun mir bitter wehe. Ich habe
die marter außgestanden undt leyde noch gar sehr. Daß kompt
mir noch desto unrechter zu, gar daß ich vergangen montag in deß
königs balet 150 treppen habe auff- undt niedersteigen müßen; daß
hatt mich gantz lahm gemacht. Aber da schlegt es 10, ich muß
wieder willen schließen; den ich muß morgen früh außstehen
[2], haben
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den gantzen morgen nicht schreiben können, den ich habe schulden
zah[l]en müßen, die haben mich den gantzen morgen auffgehalten.
Darzu bin ich noch hundert mahl interompirt worden von leütten, so
mir daß neüe jahr seindt wünschen kommen. Wie bin ich daß
neüe jahr so müde! Adieu! Ich hoffe, übermorgen mehr zeit zu
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finden, Eüch zu entreteniren; aber nun wünsche Eüch eine gutte
nacht. Ich hab Eüch ja versprochen, daß die post nicht ohne
Eüch ein brieff zu bringen sein wirdt undt ohne Eüch zu
versichern, daß ich Eüch von hertzen lieb behalte.