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Brief vom 31. Mai 1721

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


1232.


[133]

Par Brusselle et Bingen de Paris.

A madame Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Geissenheim.

St Clou den 31 May 1721 umb ein virtel auff 2 nachmittags (N. …).
Hertzallerliebe Louise, heütte morgen habe ich meine vorbereytungs-gebetter vericht, den morgen werde ich, wils gott, umb 9 zum h. abendtmahl. Aber nun hoffe ich, Ewer liebes schreiben zu beantwordten, wo ich vorgestern geblieben war, nehmblich ahn Ewern spatzirgang lengst dem Rhein. Mein gott, liebe Louise, wie sehr habe ich dieße promenade geliebt! Den damahlen konte ich nie müde werde[n]; aber nun kan ich gar nicht mehr mitt lust gehen, werde gleich müde undt [bekomme] schmertzen in den knien, daß ich nicht dauern kan. Daß wetter ist schon seyder 3 tagen schon, aber gar nicht warm. Mein gott, wie gern mögte ich, so lahm ich auch bin, mitt Eüch spatziren lengst dem Rein! Aber dieß ist woll ein unnöhtiger wünsch, leyder; daß macht nur trawerig, will also von waß anderst reden. Ich begreiffe beßer, alß niemandts, daß vissitten zu geben undt zu endtpfangen verdrießlich [134] ist undt sehr langweillig undt daß man froh ist, wen man solchen sachen quit ist. Daß ist noch eine von den ursachen, so mir abscheü vor Paris geben; den da seindt die vissitten ohne endt undt ich muß zu unßern printzessinen du sang fahren undt alle donnerstag zur großhertzogin. Also finde ich mich auch gantz ruhig hir; bin doch heütte so interrompirt worden, werde also meine intention nicht volführen konnen, auff Ewere[1] liebes schreiben [zu] andtwortten. Ich meine, es were die gräffin von Berlips, so Ewere nachbarin zu Geissenheim ist, undt Ihr nent sie liebe Berlepsch. Mein vetter, printz Carl von Philipsthal, sagt, man hette ihm geschrieben, daß alles vor die cronung bereydt wirdt vor der wüsten konigin[2]; daß ist ja eine ewige schandte vor daß gantze königreich. Die printzessin hatt sich ein groß lob erworben, ihrem herrn bruder quittirt zu haben. Ihr segt, daß Ihr über deß königs in Denemarck naredey gar woll gerahten habt. Ich sage hirauff, daß es ist, wie daß frantzosche sprichwordt sagt: C’est l’histoire de la cigogne, sotte gens font sotte besoigne. Aber ich [muß] wider willen enden. Adieu, liebe Louise! Ein ander mahl ein mehrers, aber vor dießmahl kan ich nichts mehr sagen, alß daß ich Eüch von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 31. Mai 1721 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 6 (1881), S. 133–134
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d06b1232.html
Änderungsstand:
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