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Brief vom 26. Juli 1721

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


1248.


[191]
St Clou den 26 Julli 1721 umb ein viertel auff 7 abendts (N. 11).
Hertzallerliebe Louise, ich hatte heütte gehofft, etwaß von Eüch zu bekommen, aber ich bin in meiner hoffnung betrogen worden. Mein courir hatt mir brieff von der printzes von Wallis, von mademoiselle de Malausse[1] undt daß paquet von Savoyen undt daß von Lotteringen [gebracht], aber von Eüch ist gar nichts kommen. Ich glaub, ich werde es morgen zu Paris finden; mein quarantaine ist zum endt, muß also wider morgen zum könig. Ich werde auch zu madame la princesse, so noch nicht woll ist. Nachmittags werde ich im closter betten gehen, hernach ins opera; nach dem opera werde ich wieder her undt gleich zu bett. So mir gott biß donnerstag leben undt gesundtheit verleyet, werde ich Eüch verzehlen, wie meine reiß abgangen undt auch, wie ich mich von meinem grünen safft befinde, so monsieur Teray mir biß montag will schlucken machen. Ich weiß nicht, ob es waß guts außrichten wirdt oder waß schlimmes; beßer undt gesunder, alß ich nun bin, kan ich gewiß nicht werden, mögte also woll waß bößes außrichten. Dem seye, wie ihm wolle, so werde ich Eüch alles sagen, wie es abgangen. Eine von meinen gutten freündinen ist sehr betrübt undt woll nicht ohn ursagt[2]; sie hatt dießen[3] nacht umb 11 uhr nach einen langwirige[4] kranckheit ihren herrn vatter verlohren, den sie hertzlich geliebt. Sie hatt ihn auch treülich in seiner kranckheit gedint, hatt sich 4 Wochen lang nicht zu bett gelegt, noch außgezogen. Von wem ich rede, ist mademoiselle de Bouillon; sie jammert mich von hertzen[5]. Gestern kam der ertzbischoff von [192] Cambray[6] herrein undt gab mir part von seiner erhöhung zur cardinals-stelle; nun hatt Àlberoni einen cammeratten[7]. Nun habe ich Eüch, liebe Louise, alles daher geplaudert, waß ich neües weiß, muß nun auffhören, den ich muß ahn mein dochter schreiben, den morgen werde ich wenig schreiben können. Aber da bringt man mir mein nachteßen, welches in einem kurtzen begrieff bestehet, nehmblich in ein neugebornes feldhünkel, sonst gar nichts undt hab 2 mahl gedruncken, hatte gutten apetit, hette woll noch ein mahl so viel geßen; aber weill ich mich zum kurtzen nachteßen regullirt habe undt woll dabey befinde, will ich es folgen. Eine glückseelige [193] gutte nacht, liebe Louise, undt schicke Eüch hirbey ein possirlich liedt, so man auff dem duc de la Force gemacht undt seiner sententz im parlement. Man muß die Wahrheit sagen, Frantzoßen seindt artlich leütte mitt ihren liedern, hirin gefallen sie mir ahm besten[8]. Ich ambrassire Eüch von hertzen, liebe Louise, undt verbleibe, wie ich alß sage, die person von der welt, so Eüch ahm liebsten hatt.
P. S.
Man kan von dießem brieff sagen, wie daß sprichwort lautt: Les jours ce[9] suivent et ne ce[10] ressemble[nt] pas. Vorgestern hab ich Eüch gar eine lange epistel geschrieben von 19 seytten undt dießes ist ein kurtzer begriff.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 26. Juli 1721 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 6 (1881), S. 191–193
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d06b1248.html
Änderungsstand:
Tintenfass