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Par B[r]uxelle par Bingen
A madame Louise, raugräfin zu Pfaltz, a Geissenheim.
St Clou den 2 Augusti 1721 umb halb 2 nachmittags (N. 13).
Hertzallerliebe Louise, ich habe seyder vergangenen sontag
nichts von Eüch entpfangen undt vergangen donn[e]rstag, alß
vorgestern, habe ich auff dießes letzte geantwort. Ich muß gleich
nach Paris zum könig, der gar übel ist; man hatt ihn ahm fuß undt
arm zu ader gelaßen undt heütte l’hemetique
[1] geben. Ich bin in
solchen ängsten, daß ich nicht weiß, waß ich sage oder thue. Diß
ist, waß in
[2] in der welt ahm meisten geförcht. Gott bewahre unß
davor! Aber stirbt dießes [kind], ist mein sohn, noch sein sohn
ihres lebens nicht sicher, den die fürsten vom geblüdt seindt
teü[f]el, die nicht ahn gott glauben. Gott stehe unß bey! Ich habe
es woll von nöhten, bin wie ein nar, der kopff threhet [mir]. Ach,
drumb hatte ich eben gewünscht, dießen winter zu sterben, umb
alle unglück nicht zu erleben, so ich sehe, so über mich fallen
werden. Aber ich übergebe alles in die handt gottes, er machs
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mitt mir, wies ihm gefelt! Adieu, liebe Louise! Ich ambrassire
Eüch von hertzen undt, in welchen standt ich auch sein mag, so
werde ich Eüch doch biß ahn mein endt lieb behalten.