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Brief vom 21. August 1721

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


1255.


[208]
St Clou den 21 Augusti 1721 (N. 18).
Hertzallerliebe Louise, vergangenen sontag habe ich Ewer liebes schreiben vom 9 dießes monts, no 59, zu recht entpfangen. Bin fro, zu sehen, darauß zu sehen, daß die post ein wenig regullirter wirdt, alß sie geweßen, undt, gott lob, keine brieffe verlohren gehen. Meine gesundtheit erhelt sich, gott lob, noch in aller perfection vor meinem alter. Deß königs undt meines enckels kranckheit haben, gott lob, nicht lang genung gewehrt, umb meiner gesundtheit viel zu schaden; sie seindt nur 4 tag in gefahr geweßen, hernach gleich wieder täglich beßer worden, daß ich alßo nicht lang zu leyden gehabt habe. Hir verspüren wir gar keine hitze, es reifft alle nacht; daß habe ich woll, so lang ich in der welt bin, nie in den hundtstagen erlebt. Die kranckheitten fangen starck wider ahn, kinderblattern undt rotte ruhr. Ich fürchte sehr, [daß] unßere gutte hertzogin von Hannover eine große kranckheit außstehen wirdt. I. L. kammen gestern abendts umb 7 her, sahen bitter übel auß undt sagte, sie were schir nicht komen, den sie hette gar einen starcken durchlauf, hette aber ein sicheres remedium davor, so der großhertzog von Toscane in sein laporatoire[1] machen lest, nehmblich ein öhl, so man auff den magen schmirt; daß hette sie gleich courirt. Sie sahe aber so gar übel auß, daß mir recht bang vor I. L. wardt; habe heütte hingeschickt, umb zu fragen, wie es mitt ihr stehet. Ich habe leyder nur gar zu woll gerahten, den es ist ihr ein groß erbrechen ahnkomen undt endtlich daß fieber, so sie die gantze nacht gehabt hatt. Bin recht in sorgen vor I. L., den sie ist kein kindt mehr undt von natur delicat. Gott wolle sie wieder zu vollkommener gesundtheit bringen! Amen! Ich komme jetzt wieder auff Ewer [209] liebes schreiben. Ich sehe woll, liebe Louise, daß Eüch weder dießer hoff, noch die Frantzoßen recht bekandt sein. Bey ihnen muß man keine danckbarkeit suchen; alle, denen mein sohn ahm meisten guts gethan, seindt seine ärgste feindt undt daß auß purem interesse, weillen sie meinen, daß die fürsten vom geblüdt mehr gelt haben, alß mein sohn[2]. Waß ihm noch viel feinde macht, ist daß parlement, von welchem er abscheülich gehaßt ist, undt die fürsten vom geblüdt unterhalten den haß vom parlement gegen meinem sohn. Also, da gott vor sey, wen der könig sterben solte, in dießer zeit würde meines sohns undt seines sohns leben gar in keiner sicherheit sein. Außwertige hülff hilfft wenig, wen daß parlement, die ducs undt der peupel nicht vor meinen sohn sein. Mein sohn ist zu gutt, kan sich nicht resolviren, sich fürchten zu machen. Alle die, so gegen ihn undt seine ehre undt leben conspirirt haben, wen sie nur sagen, es wer ihnen leydt, ist er gleich wider gutt mitt ihnen undt accordirt ihnen alleß, waß sie begehren. Daß macht, daß ihnen gar keine forcht vor meinem sohn einhelt; den sie wißen woll, daß, waß sie auch gegen ihm thun mögen, daß es gleich verziehen wirdt sein[3]. Gar böß bin ich nicht, aber so gutt, alß mein sohn ist, konte ich unmöglich sein, ich sage es ihm offt. Unßer konig ist, gott lob, wieder gesundt. Der allmachtige erhalte ihn noch lange jahren! Von der post werde ich nichts mehr sagen, den es ist unnöhtig, liebe Louise! Ich habe woll eine gräffin von Greiffenstein gekandt, so allezeit zu Heydelberg undt Hannover betteln kam. Sie war eine geborene gräffin von Wiedt[4], hatte allezeit von ihren niepcen bey sich, die wolte sie fürsten ahnhencken undt daß ging nicht ahn. Aber keinen graffen von Greiffenstein hab ich mein leben nicht gehorrt[5], noch gesehen. Es wundert mich nicht, daß der graff von Solms keine erben hinterlaßen; die damen undt der ehestandt wahren gar seine sach nicht. Freyllich erinere ich mich deß graff Carl von Weilburch[6]; ich glaube nicht, daß es 3 jahr ist, daß er hir war. Hatt er Eüch nie verzehlt, wie ich ihn auß nohte geholffen, alß er mich harangiren solte undt stecken blieb? Ich sagte ihm auff Teütsch: Ambarassirt Eüch nicht! fangt gleich auff Teütsch ahn, sagt alß, waß Eüch im kopff kompt! Er folgte [210] meinen raht, also wurde es niemandts gewahr, das er seine harangue gefehlt hatte. Aber da schlegt es just 10, ich muß wider willen schließen, umb nach bett zu gehen. Ich bin just ahn die helffte von Ewer liebes schreiben. Biß sambstag, so mir gott daß leben lest, werde ich auff daß überige von Eweren lieben schreiben andtwortten, nun aber nur sagen, daß ich Eüch von hertzen lieb behalte, hertzlieb Louise!
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 21. August 1721 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 6 (1881), S. 208–210
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d06b1255.html
Änderungsstand:
Tintenfass