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Brief vom 13. Dezember 1721

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


1286.


[294]

A madame Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckforth.

Paris den 13 December 1721 (N. 49).
Hertzallerliebe Louise, heütte hoffe ich auff Ewer liebes schreiben vom 29 November, no 85, zu andtwortten, ob ich zwar so einen starcken schnupen habe, huste auch ein wenig dabey, daß ich heütte nicht zum könig kan; habe Wendt hingeschickt, meine entschuldigung zu machen, will mich noch ein par tag einhalten in hoffnung, keinen abscheüllichen husten wie vergangen jahr zu bekommen.
Sambstag umb halb 3 nachmittags.
Heütte morgen hatte ich ahngefangen, auff Ewer liebes schreiben zu andtworten. Aber Chausseray[e] ist von Madrit expresse zu mir kommen, habe sie also entre[te]niren müßen undt von schreiben abbrechen. Aber da kompt wider eine verhinderung, nehmblich [295] mein sohn. Gott weiß, wen ich dießen brieff werde außschreiben können; den nachdem er wieder weg wirdt sein, werde ich meine enckeln undt mademoiselle de Clermont undt mademoiselle de la Rochesurion[1] in die ittalliensche commedie fahren. Da komme ich auß der commedie, ein stück war gutt, daß ander gar schlegt. Es ist kein wunder, daß die posten nun unrecht gehen; wegen undt wetter erlaubens nicht, daß sie woll gehen. Ich bin fro, liebe Louise, daß meine heürahts-beschreibung, so ich Eüch geschickt[2], Eüch so woll divertirt hatt, alß mir die sach langeweill gegeben hatt. Ich bin gar zu alt, umb mich zu butzen, ich habe auch keine demanten, nicht eine parure, nicht einmahl rechte perlen, trag allezeit falsche[3]. Ich bin nicht anderst gekleydt, alß wie ich allezeit hir bin, ein schwartz kleydt undt ein unterrock von brocart[4], meine schwartze cappen, wie alle tag, habe nichts neües ahngehabt. Lenor heist die printzes des Asturie[s] daß spanische muckel, weillen sie gar spanisch außsicht. Sie hatte kein spanisch kley[d] bey der heürahts-verschreibung, [war] nicht auff Spanisch gekleydt, sondern en grand habit, wie man bey hoff gekleydt sein solle, aber sehr gebutz[t], voller demanten. Dieß kindt hatt mich geforcht, aber nie lieb gehabt wie ihre schwester de Beaujolois[5], so nun mademoiselle[6] ist; also habe ich auch dieße allezeit lieber gehabt. Spanien wirdt dießer jungen braudt sehr woll [gefallen], den sie ist ambitieux, liebt die ceremonien undt gravitet, also ist Spanien ihre rechte sach. Der hoff hir ist gar nicht mehr, waß er geweßen, jetzt nur eine confussion wie ein cahos[7]. Ich habe mich nicht resolviren konnen, der fraw von Rotzenhaussen zu sagen die boße zeittung von ihrer schwester. Es jamm[e]rt mich, den sie war offt bey mir vor dießem. Ihre schwiger-dochter ist zu loben, so große sorg vor sie gehabt zu haben, undt es ist schimpfflich ahn ihre dochter, nicht deß gleichen gethat[8] zu haben. Die fürstin Ragotzi hatt sich nun in ein closter retirirt; ob daß eine bekehren darff erfolgen[9], mag gott geben. Die zeittunge[n] sagen gar nichts wars[10] [296] vom hoff. Graff Moritz von Saxsen hatt hir ein regiement gekaufft[11] undt ist von seiner gemahlin geschieden, aber mitt großen recht, den sie ein doll leben geführt. Aber er hatt nicht von religion geendert, noch sich wider hir verheüraht. Ich glaub, daß er sein leben vom heürahten verleydt ist. Graff Frieß ist gerochen. Es ist mir lieb, daß [Ihr] eine gutte gesundtheit nun habt. Ich kan michs nicht berühmen, Paris verschondt mich nicht[12]. Adieu, liebe Louise! Ewer liebes schreiben ist beantwort, bleibt mir nichts mehr überig, alß Eüch zu versichern, daß ich Eüch von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 13. Dezember 1721 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 6 (1881), S. 294–296
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d06b1286.html
Änderungsstand:
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