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Brief vom 25. Dezember 1721

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


1289.


[302]
Paris den Ch[r]ist[t]ag, donnerstag, 1721 umb halb 11 morgendts (N. 52).
Hertzallerliebe Louise, da komme ich auß der capel, wo ich zum h. abendtmahl gangen. Nun will ich Eüch entreteniren, alle meine dancksagungs-gebetter seindt vericht, ich will Eüch vor undt nach dem eßen entreteniren. Vergangenen sontag habe ich Ewer liebes schreiben vom 9, no 88, zu recht entpfangen, bey welchem ich ahnfangen werde. Man hatt es resolvirt, Eüch allezeit eine post ohne meine schreiben zu laßen, liebe Louise, undt die andere post 2 auff einmahl zu geben. Aber ich fürchte, daß Ihr dießmahl noch lenger sein werdet; den die wege seindt abscheülich undt daß wetter so unbeständig, daß alle menschen husten undt schnupen haben. Unßere arme hertzogin von Hannover ist so kranck dran, daß mir recht bang vor I. L. ist; den man fürcht, daß ihr der fluß auff die brust fallen wirdt. Es seindt leütte, so hir dran starben; monsieur de Surville ist vor wenig tagen dran gestorben. Man hört überall von nichts, alß trawerige sachen. Ich bin auch sehr in sorgen vor 3 von meinen enckeln in Lotteringen. Die zwey jüngste printzen undt die elste printzes seindt alle 3 sehr krank; der jüngste printz hatt die rödlen, der mittelste hatt eine wunderliche krankheit, er schwitzt continuirlich undt hatt ohnmächten dabey, sonsten gar nichts, kein fieber, noch schmertzen. Ich fürchte aber, es stecke etwaß schlimes dahinder, so auff einmahl außbrechen wirdt. Die printzes, so nur im verwichenen October 10 jahr alt worden, ist gar kranck worden undt hatt zuletzt ihre zeit bekommen, aber nicht regullirt. Es ist die mode so in Lotteringen, den noch 2 andere kleine medger von ihrem alter ist es auch so gangen; vor ihr ist mir nicht so bang, alß vor die zwey buben. Ich komme aber wieder auff Ewer liebes schreiben. Der cardinal du Bois kan woll post-pferdt schaffen, über nicht über die weg undt wetter befehlen, so nie arger geweßen, alß nun. Ich bitte ich[1], danckt der fürstin [303] von Ussingen vor ihr compliment! Ihre fraw schwester, madame Dangeau, ist, wie ich, kan nicht dawern vor husten undt schnupen. Ich fürchte, liebe Louise, wie Ihr, daß Ewere niepce noch ein medel bekommen wirdt, weill sie so trentelt[2] mitt ihrem schmertzen. Aber die printzes von Wallis, so doch einen printzen bekomen, hatt doch einen gantzen monat lenger, alß ihre zeit geweßen, ins kindtbett zu kommen, getrentelt, also ist noch zu hoffen, daß waß guts drauß werden wirdt; wünsche es von hertzen undt daß Ihr alles vergnügen ahn ihnen erleben möget. Ich habe Eüch schon letztmahl geschrieben, daß die erste mode von den langen röcken von madame de Montespan kompt, die es inventirt, ihren dicken leib, wen sie schwanger war, zu verhehlen[3]. Aber es hatt wenig geholffen, den man hats allezeit gesagt undt dießer rock war wie ein signal, wen man sie drin gehen sahe. Aber da falle ich in den alten brieff undt ich will doch den neüen gantz [beantworten]. Es were mir leydt, wen Ewere niepce zwilling bekämme, den sie bleiben ordinarie nicht bey leben. Es ist ein advocatten-fraw hir, so nicht weitt vom Palais-Royal wohnt, die hatt daß erste jahr von ihrem heüraht 2 kinder bekommen, daß zweytte jahr 3 undt vor 8 tagen 4 kinder, 3 buben undt ein medgen; aber es ist schon eines von dießen kindern gestorben. Es ist ein fruchtbar jahr vor kinder dieß jahr. Ich zweyffel, daß der Jud Schwartze ein Christ bleiben wirdt, den man hatt wenig exempel, daß sie bestandig bleiben. Solche leütte gerahten selten, doch die Turcken beßer, alß die Juden. Die studenten seindt glücklich, wo ihnen gott die gnade gethan, auffrichtige Christen zu sein undt zu bleiben. Unter Christen selber sicht man leyder wenig, so gutten Christen sein. Mich deücht, die musiq mehrt allezeit den humor, worinen man sich findt; ist man lustig, erhelt es dabey, ist man aber trawerig, mehrt es die trawerigkeit, daß ist gar gewiß. Da kompt junker Wendt undt rufft mich zum eßen. Zu allem glück ist Ewer letztes schreiben völlig beantwortet. Ich bin heütte taußendt mahl interompirt worden, habe also mein dessin nicht volziehen können, auff daß erste von Ewern schreiben vollig zu andtwort[en]. Adieu, liebe Louise! Ich ambrassire Eüch von hertzen undt behalte Eüch allezeit recht lieb.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 25. Dezember 1721 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 6 (1881), S. 302–303
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d06b1289.html
Änderungsstand:
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