Seitenbanner

Brief vom 27. Dezember 1721

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


1290.


[304]

A madame Louise, raugraffîn zu Pfaltz, a Franckforth.

Paris den 27 December 1721 (N. 53).
Hertzallerliebe Louise, vorgestern habe ich Ewer liebes schreiben vom 13 dießes monts, no 89, zu recht entpfangen. Ihr werdet durch meine schreiben von Paris ersehen, wie mich dieße lufft abermahl so übel tractirt hatt, undt ob es zwar vergangenen mitwog schon 14 tag ist, daß ich kranck worden, husten undt schnupen bekommen, bin [ich] noch nicht courirt, huste doch nachts nicht mehr, aber ich habe alß eine gutte undt eine boße nacht. In der boßen nacht laßen mich die grämpf[1] nicht schlaffen, leyde große schmertzen; die gutte nachte schlaffe ich ohne schmertzen. Monsieur Teray wirdt mich biß montag wider einen widerlichen trunck vom grünen safft schlucken [machen]; daß, hofft er, wirdt alles zum endt führen, es hatt auch lang genung gewehrt. Es ist jetzt ein recht ungesundt wetter, von der grimige kalte seindt wir auff einmahl in ein recht warm wetter gefallen, so einem ersticken macht. Aber ich muß mich nun ahnziehen, nach dem eßen ein mehrers.
Paris umb 1 uhr nach mittag.
Ich habe gemeint, gleich nach meinem eßen zu schreiben, allein Paris vergist sein spiel nicht, gibt allezeit interuptionen; drumb schreib ich jetzt erst wider, da es schon über 3 ist, komme jetzt wider auff Ewer liebes schreiben, wo ich heütte morgen geblieben war. Vom wetter werde ich nichts mehr sagen. Es ist mir dießen nachmittag ein braff kopffwehe ahnkommen, daß mich die augen braff brennen macht; aber das solle mich doch nicht hindern, auff Ewer liebes schreiben zu andtwortten, so viel mir moglich ist. Ich sage, so viel mir möglich ist, den zu Paris kan man vor kein augenblick sicher sein, ein vi[e]rtelstündtgen vor sich zu haben. Ihr segt woll, liebe Louise, daß ich groß recht habe, Paris zu scheüen, den man kan sein leben nicht thun, waß man will. Es ist nahe bey 9 nun undt ich komme auß der ittalliensche comedie, so gar artig geweßen, haben mich lachen [machen]; es ist ein stück, so daß gantze opera von Phaeton in [305] ridicule threhet, gar possirlich[2]. Ehe ich in die comedie bin, ist deß printz de Conti fraw mutter kommen, die hatt mir anderthalb stundt die gröste lange weill von der welt geben; darnach ist mein sohn kommen undt hernach hatt man unß in die commedie geruffen. Nun muß ich eßen undt schlaffen gehen, nachdem ich Eüch werde versichert haben, liebe Louise, daß ich Eüch von hertzen lieb behalte.
Impressum
Datenschutz
KontaktPost
Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 27. Dezember 1721 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 6 (1881), S. 304–305
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d06b1290.html
Änderungsstand:
Tintenfass