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Brief vom 7. Februar 1722

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


1301.


[321]
Paris den 7 Februari 1722 (N. 65).
Hertzallerliebe Louise, heütte werdet Ihr abermahl nur ein klein [322] schreiben von mir entpfangen können, den ich habe heütte unerhört viel zu thun. Ich muß umb ein viertel nach 11 ahngezogen sein, in kirch gehen, hernach zu meinem enckel, dem duc de Chartre[s]. Ob er zwar gantz wider gesundt undt seyder 10 tagen kein fieber mehr verspürt, so ist er doch noch so schwach, daß ich gern sehen will, ob seine kräfften nicht wider zunehmen. Umb 12 werde ich eine audience geben aux estats de Bretagne, hernach eßen. Nach dem eßen werde ich zu madame la princesse, die eine kindtbetterin im hauß hatt, so ich auch besuchen muß. Es ist die kleine printzes de Conti, die ist vorgestern nachts umb 11 uhr [von] einem printzen geneßen[1]. Von dar muß [ich] zu den zweyen großmütter von dem kindt, madame la duchesse undt die kleine printzes de Conti, deß printz de Conti sein fraw mutter. Habe ich den noch zeit, werde ich zum könig oder vielleicht bey dem konig ahnfangen, nach dem es die zeit geben [wird]. Hernach werde ich in die ittalliensche commedie, nach der commedie werde ich dießen brieff außschreiben, hernach ein wenig eßen undt den zu bett, sagt jene braudt. Es ist aber auch zeit, daß ich auff Ewer liebes schreiben komme; den, liebe Louise, ich habe nicht mehr zeit, alß ein gar kleines halbes stündtgen, muß mich hernach ahn[ziehen]. Ich bin heütte spät auffgestanden, den ich bin gestern so erschrecklich im schreiben verstohrt[2] worden, daß ich biß nach 10 habe schreiben müßen undt umb 11 nach bett erst. Man ist woll abscheülich in dem Paris gehudelt, man hatt den gantzen tag kein augenblick ruhe, bin es unerhört müde, muß doch noch ein par mont gedult haben, aber es ist die gedult, wo wir vorgestern von gesprochen, so man hir la patiance de l’électeur palatin heist[3]. Aber last unß kommen, wo ich letztmahl von Ewerm lieben brieff von no 6 vom 20 Januari geblieben war, nehmblich da Ihr sagt, daß daß geschrey geht, daß ich zwischen den printz undt die printzes de Conti den frieden machen will! Da behütt mich gott vor! Waß mich nicht brendt, [323] daß blaß ich nicht. Auff der printzes de Conti, der jungen, bitte habe ich [von] der ihrer groß fraw mutter, madame la princesse[4], erhalten, daß sie sie zu [sich] nehmen solle, damitt sie in ruhen könte kindtbetterin werden, welches ich vor ein guttes werck gehalten. Aber im überigen misch ich mich in gar nichts von ihren sachen[5]. Die sich drin mischen werden, werden keine ehre davon haben undt nicht viel außrichten; den dollere köpffe, alß dieße seindt, kan man schwerlich finden. Ich fürchte, sie werden alle zu narren werden. Freyllich ist unßer duc de Chartre[s] auff den todt gelegen undt were gestorben, wen seine jugendt ihn nicht hette die zwey geschwer außwerffen machen, wie ich Eüch schon bericht, liebe Louise! Aber da schlegt es 10, ich muß mich ahnziehen. Adieu den biß nach der ittallienschen commedie! Da werde ich verzehlen, wie meine vissitten abgeloffen.
Sambstag, den 7 Februari, umb 8 abendts.
Wir kommen in dießem augenblick auß der ittallienschen commedie, welche gar artig geweßen. Ich habe gefunden, daß unßer könig sehr gewacksen, aber sehr mager gefunden. Es ist 3 wochen, daß ich die ehre nicht gehabt habe, I. M. zu sehen. Unßere kindtbetterin ist, gott lob, frisch undt gesundt undt hatt immer lust, zu plauttern. Ich habe sie mehr, alß 10 mahl, schweygen heißen, wolte alß plauttern. Hernach bin ich zu madame la duchesse, welche gar von gutten humor ist, gar poßirlich, hatt verstandt wie der teüffel, hatt mich von hertzen über ihren dochterman lachen machen. Ich bin matt wie ein hundt; den die zwey mede[c]inen, so ich mitwog undt donnerstag [genommen], haben mich abgematt. [324] Ich muß also enden undt vor dießmahl nichts mehr sagen, alß wie ich Eüch von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 7. Februar 1722 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 6 (1881), S. 321–324
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d06b1301.html
Änderungsstand:
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