Seitenbanner

Brief vom 12. Februar 1722

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


1302.


[324]
Paris den 12 Februari 1722 umb 9 uhr abendts (N. 66).
Hertzallerliebe Louise, gestern habe ich Ewer liebes schreiben von 27 Januari, no 8, zu recht entpfangen, aber es war nicht gar frisch, wie Ihr segt; die posten gehen zu doll. Man kan sagen: Il n’y a ny rime ny raison, wie man hir sagt, undt daß ist woll wahr. Es geht keine post richtig, alß die englische; der printzessin von Wallis schreiben entpfange ich gar richtig. Wen sich die Franckforter post corigiren wolte, würde sie mir gefallen thun. Warumb machen sie die posten über Flandern gehen, da sie doch geschwinder über Strasburg gehen? Unßere Rotzenheusserin ist nun zu Strasburg, sie wirdt aber baldt wieder kommen; ist gar kranck ahn einem bludt-sturtz geweßen, aber doch immer lustig. Mein enckel ist heütte ein großer bub, hatt sich wider ahngezogen undt gantz Franckreich gesehen; seine camer war so voller leütte, das ich kaum durch gehen konte. Mein husten undt schnupen seindt schon vorbey, wie ich Eüch geschrieben, liebe Louise! Madame la printzes[1] undt unßere gutte hertzogin von Hannover seindt jetzt gar fest dran. Viel leütten ist es diß jahr gangen wie unß, so gemeint, courirt zu sein, undt den husten arger, alß nie, bekommen haben. Es ist in allem eine gar wunderliche zeit. Ich kan nicht persuadirt sein, daß husten undt schnupen gesundt ist; es attaquirt die brust zu sehr. Es ist genung in jetzigen zeitten, wen man keine neüe betrübtnuß hatt; ahn freüden ist nicht zu gedencken. Diß jahr ist mein enckel woll sicher, daß der carnaval ihn nicht schaden wirdt, aber gott stehe unß ferner bey! Erster tagen werde ich Eüch eine magnifique relation schicken von dem fest, so man der infantin zu Bordeaux geben. Man schreibts ab, den ich es auch ahn printzes von Wallis undt mein dochter schicken werde. Ich forchte, daß die gutte königin in Spanien zu Bajonne lang ihr magnificence entpfinden wirdt. Alle kinder hir in Franckreich, so woll [325] die von königlichen hauß alß andere kinder von qualitet, lest man kuchen mitt mehl undt eyer machen; daß lieben sie mehr, alß alle plaisir von der welt. Man hatt der konigin von Sardaignen weiß gemacht, daß ihr printzes von Sultzbach eine merveille in tugendt undt verstandt, aber nicht schon[2]. Gott gebe, daß sie content davon möge sein, wen sie sie wirdt gesehen [haben]! Mich verlangt recht darnach, waß sie davon sagen wirdt. Waß die printzes geendert hatt, ist ein 3tagig fieber. Liebe Louise, ich glaube, Ihr gebt Eüch ein par jahr mehr, alß Ihr in der that hatt[3]; den nach meiner rechnung geht Ihr erst in daß 60 jahr[4]. Aber bey mir zu rechnen ist 61 jahr noch jung. Ich bin fro, daß Ihr ahngenehme geselschafft bey Eüch habt. Ich muß enden. Adieu, liebe Louise! Ich behalte Eüch von hertzen lieb.
Impressum
Datenschutz
KontaktPost
Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 12. Februar 1722 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 6 (1881), S. 324–325
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d06b1302.html
Änderungsstand:
Tintenfass