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Brief vom 14. Februar 1722

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


1303.


[325]

A madame Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckforth.

Paris den 14 Februari 1722 (N. 67).
Hertzallerliebe Louise, gott weiß, wie viel ich Eüch heütte werde schreiben können undt wie viel contretemps der teüffel mir heütte preparirt, umb mich ahn schreiben zu verhindern. Er wirdt mich doch [nicht] hindern, daß ich Eüch ein a-la-mode-schachtelgen mitt einem auff eine neüe art ringelgen zur kirbe schicke, den es ist nun die foire de St Germain. Von dießen demanten werdt Ihr nicht fürchten, daß ich mich wegen ihrer größe ruiniren werden. Waß ich possirlich drin finde, ist, daß es eben außsicht, alß wie daß schildtlein von Aaron, so er auff der brust tragen must undt daß ampt-schildtlein hieße[1]. Waß ich aber künstlich dran [326] finde, ist, wie man so gar kleine steinger hatt so gleich finden konnen undt schneyden; den eins ist gantz wie daß ander. Die perlenmutter undt agstein seindt nun sehr [gewöhnlich]. Ich glaube, daß die dame in jagts-kleydern, so schießen gehet, mich bedeütten solle, ob ich zwar auff keine manir, wie es auch sein mag, weder zu fuß, zu pferdt, noch in caleschen mehr jage. Vor dießem aber war ich von allerhandt jagten undt damahl war ich lustiger undt gesundér, alß ich nun bin. Aber alles hatt seine zeit, wie Salomon gar recht sagt[2]. Ich wünsche, daß dieße babiollen Eüch gefahlen mögen undt ohngebrochen ahnkommen. Nun aber komme ich auff Ewer liebes schreiben vom 20 Januari, no 6, so ich noch nicht habe gantz beantwortten können. Ihr müst ein gutt gedachtnuß haben, Eüch noch von dem balet du monde renverses[3] zu erinern können. Ihr waret damahl nur 5 jahr alt; es [war] kaum 2 jahr, daß ich wieder kommen war. Es war daß erste balet, so monsieur Desanes gemacht hatt nach Preveaut[4] todt, so auch monsieur la Croix hieße. Aber dießes kont Ihr Eüch nichts mehr erinern. Ich muß meine pausse machen.
Hertzallerliebe Louise, da schlegt es eben halb 5. Ich hatte gehofft, gleich nach dem eßen wieder zu schreiben können; allein wie ich dieße nacht gar übel geschlaffen, bin ich gleich nach dem eßen entschlaffen. Wie ich wacker worden, ist mein secretaire des commandements] kommen, hatt mich viel sachen unterschreiben machen; daß hatt mich bißher auffgehalten. Es ist schon 8 geschlagen, wie ich eben ahn dem letzten wordt von auffgehalten. [327] Zuvor ist mein sohn herrein kommen, ich hatte mitt ihm zu sprechen wegen einer charitet. Eine dame, so deß duc de Tircanels[5] dochter war undt zu Maubuis[s]on erzogen, die ist bey der königin von Englandt geweßen, hatte deßwegen eine pension; sie ist dieße nacht gestorben, hatt mir auff ihrem todtbett schreiben laßen undt bitten, vor ihre dochter zu sprechen, damitt ihr die pension, so ihre mutter gehabt, möge gegeben werden. Sie seindt leütte von großer qualitet, aber bludts-arm; daß hatt mich recht gejamert, das die arme madame Charlotte ahn mich im sterben gedacht hatt. Wie sie 12 jahr alt war, war sie schon daub, klein, kurtz undt dick, hatt ein großmachtig maul, zimblich platte naß, dicke lefftzen, große machtige angen, die stundten, alß wen sie auß dem kopff fallen wolten, heßlich zehn, weitt von einander. Dieße figur, wie ich sie da beschreibe, hatt ein hübscher junger mensch von ihrem hauß sie auß[6] lieb genohmen undt biß ahn sein endt geliebt. Die gutte ehrliche königin konte nicht ohne lachen davon reden. Aber es ist auch zeit, daß ich auffhore, den da schlegt es 9. Gott weiß, wen ich einmahl auff Ewer liebe schreiben andtwortten werde konnen; Paris ist unleydtlich mitt seinen interuption[en], ich bins von hertzen müde. Adieu, liebe Louise! Ich ambrassire Eüch undt behalte Eüch von hertzen lieb.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 14. Februar 1722 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 6 (1881), S. 325–327
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d06b1303.html
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