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Brief vom 5. März 1722

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


1308.


[337]

A madame Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Franckforth.

Paris den donnerstag, 5 Mertz, umb halb 11 abendts 1722 (N. 72).
Hertzallerliebe Louise, wer sein wordt nicht helt, ist ein schelm; [338] derowegen, liebe Louise, will ich nicht nach bett gehen, ich habe Eüch den geschriben; habe es dießen nachmittag nicht thun konnen, den gleich nach dem eßen bin ich entschlaffen, hernach seindt leütte kommen, so mitt mir zu reden gehabt; zuletzt ist mein sohn kommen, mitt welchem ich zu reden gehabt, biß man mich ins nagelneü opera geruffen, wo ich mitt allen 4 printzessin[nen] hin bin, alß meine enckeln undt mademoiselle de Clermont undt de la Rochesurion[1]. Daß opera hatt biß 9 gewehrt, ist gar lang; die mußiq ist nicht schlim, aber die wortter deügen nichts, noch daß sujet auch nicht. Ich kan Eüch heütte in großer eyll nichts mehr sagen, alß wie daß ich heütte Ewere 2 schreiben auff einmahl entpfangen. Bin recht erfrewet, daß meine babiollen Eüch so ahngenehm geweßen, auch Ewere niepce gefahlen. Ich habe heütte andwort von ihrer schwester[2] bekommen; hatt neüe sorgen, ihre kinder seindt gar kranck, drumb hatt sie Eüch gewiß nicht geschrieben, ist woll zu beklagen. Alle menschen, so sie kenen, loben sie über die maßen, solle nicht schon, aber gar ahngenehm sein. Ich schicke Eüch keine relation vom eintzog[3], umb Ewern beüttel zu sparen, liebe Louise! Man kan kein artige[re]s, verstandige[re]s undt ahngenehme[re]s kindtgen in der welt sehen, alß unßere kleine infantin ist. Adieu! Es ist gar zu spat, ich muß schließen undt vor dießmahl nichts mehr sage[n], alß daß ich Eüch von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 5. März 1722 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 6 (1881), S. 337–338
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d06b1308.html
Änderungsstand:
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