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St Clou den donnerstag, 23 April 1722, umb 7 morgendts (N. 84).
Hertzallerliebe Louise, seyder ich hir bin, habe ich keinen
frischen brieff von Eüch entpfangen, undt vergangenen sambstag zu
Paris, ehe ich weg bin, habe ich meine taffel geraumbt. Weillen
der könig kommen wolte, mir adieu zu sagen, so sagt ich ahn meine
leütte, sie solten die alten brieff brenen; ich hatte aber nicht in
acht genohmen, daß die Ewerigen noch drauff lagen, die haben
sie mitt den andern verbrendt, kan also oh[n]moglich mehr drauff
andtwortten, will Eüch also nur verzehlen, liebe Louise, wie es mir
hir geht. Meine gesundtheit ist schon, gott lob, beßer, alß sie zu
Paris geweßen, undt samstag abendts, wie ich hir ahnkommen, ist
mir mein kopffwehe vergangen, schlaff auch beßer hir, alß ich zu
Paris gethan. Es ist also sehr zu hoffen, daß ich mich hir wider
erhohlen werde, wen nur meine innerliche trawerigkeit vergehen.
Alle augenblick bekomme ich neüe schrecken. Gestern, wie ich
ahn taffel war, kamme man mir sagen, mein sohn würde nicht
kommen, sondern den duc de Chartre[s] schicken, seine entschuldigung
zu machen undt daß ihm wider ein neüer husten mitt erstickung
ahnkommen were. Ihr könt leicht gedencken, liebe Louise, wie ich
über dieße verfluchte zeittung erschrocken. Aber umb halb 2, eine
halbe stunde, nachdem ich auß der taffel, ist man wider kommen
undt hatt mir gesagt, daß, gott lob, dieße zeittung falsch undt daß
mein sohn seine kutsch umb 2 uhr bestelt hette, also umb 3 hir
sein würde, welches auch, gott seye danck, geschehen undt habe
ihn, gott seye danck, viel beßer undt viel lustiger gefunden, alß
ich ihn zu Paris gelaßen hatte. Daß hatt mich recht woll schlaffen
machen undt alle andere verdrießlichkeiten vergeßen machen, den
ich habe sachen gehört, so mich jammern. Ich habe ein schreiben
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von unßer printzes von Wallis bekommen, die schreibt mir, daß
einer von meinen alten gutten freünden zu Hannover auff den todt
ligt, der arme großfogt von Bullaw
[1] auff den todt hegt; ist mein
gutter freündt von kindtheit ahn geweßen, ich heiße ihn noch alß
mitt seinen tauffnahmen Jochem Hennerich. Der schlag hatt ihn
gerührt undt man zweyffelt ahn seiner geneßung, ist mir von
hertzen leydt. Es ist woll schadt, wen ehrliche [leute sterben], den
die menge davon ist eben nicht so groß in jetztigen zeitten. Eine
dame, so vor dießem mein freüllen geweßen, ob ich sie zwar nie
gar sehr geliebt, so jammert sie mich doch, den sie hatt abschiedt
von mir nehmen laßen undt ligt auff den todt ahn einer
brustsucht; sie ist vom hauß Potié
[2]. Unßere marechalckin de
Clerembeau hatt monsieur Teray gepurgirt, befindt sich beßer seyder dem.
Gott gebe, daß sie davon kommen! Aber 87 jahr undt ein halbes
ist ein groß alter, umb zu genehßen können, wen man kranck wirdt.
Außer heütte haben wir lautter heßlich wetter hir gehabt, lautter
kalte sturmwindt undt so scharpffe nordtwindt, daß man immer
groß feüer hatt machen müßen. Es war kalter, alß im Januari;
man hatt mir alle nacht daß bett wermen müßen. Es ist über 14
tag, daß dießer frost gedawert, solle doch den wingartten nicht
geschadt haben, gott lob! Der windt, so gar starck gewehrt, hatt den
frost verhindert, schaden zu thun. Waß solle ich nun weytt[e]r
sagen? Solte die post nicht so übel gehen, alß sie thut, würde ich
sehr vor Eüch, liebe Louise, in sorgen sein; aber ich hoffe, heütte
waß von Eüch zu bekommen. Der arme monsieur le Fevre ist
noch die halbe seytte lahm, kan nicht auß dem bett, wirdt ins badt
müßen. Den kopff hatt er in einem gutten [stand], er arbeydt doch
immer vor Ewere niepcen mitt monsieur le Roy, mein advocatten,
welcher auch ein gar ehrlicher man ist. Ich werde heütte nach
Madrit, wo mich gestern meines sohns vissitte abgehalten. Bekomme
ich waß, so werde ich Eüch noch nach meiner kleinen spatzirfahrt
entreteniren; bekomme ich nichts, so müst Ihr, liebe Louise, mitt
dießem kleinen brieffgen vorlieb [nehmen], so Eüch doch versichern
wirdt, wie daß ich Eüch, liebe Louise, biß ahn mein endt von
hertzen lieb behalten werde.
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P. S.
Donne[r]stag umb 8 abendts.
In dießem augenblick entpfange ich Ewer paquet undt liebes
schreiben vom 11, no 27, ich kan aber heütte oh[n]möglich drauff
andtwortten, den es ist zu spätt; aber biß sambstag hoffe ich, ob
gott will, es zu beantwortten.